CYBERPUNK 2077

CD Projekt RED

(10.12.2020)

auch veröffentlicht auf
PlayStation, Stadia u. Windows


Kommen wir gleich zum Elefanten im Raum. "Cyberpunk 2077" ist im Kern ein PC Spiel. Es wurde für den PC entwickelt und muss auch ganz überwiegend intern bei CD Projekt auf dem PC getestet worden sein. Selbst völlig unabhängig von allen konsolenspezifischen Bugs und Performance Problemen lässt sich "Cyberpunk" kaum von der Couch aus spielen, weil die Spielwelt in Verbindung mit der Ich Perspektive als auch das Interface viel zu kleinteilig sind, um aus der klassischen Entfernung eines Konsolenspielers zum Bildschirm immer alles gut erfassen/bedienen zu können. Die Konsolenversion war also immer ein Anhängsel der PC Version, was seitdem Konsolen ebenfalls auf x64 CPUs basieren generell kein Problem sein muss.

Aber realistisch gesehen kann "Cyberpunk" auf der Standard PlayStation 4 mit 8 * 1,6 GHz CPU oder der Standard Xbox One mit 8 * 1,75 GHz CPU aufgrund mangelnder CPU Power technisch kaum funktionieren, was auch jedem internen Tester sofort hätte auffallen müssen. Selbst in den Minimalanforderungen für den PC empfiehlt CD Projekt Red bereits eine AMD FX-8310 CPU (8 * 3,4 GHz), die also etwa doppelt so stark ist, und außerdem dringend eine SSD zu verwenden. Damit fehlt den Konsolen sowohl die Power dichten Verkehr und große Menschenmengen berechnen zu können, als auch Inhalte genügend schnell von der ohnehin meist zu langsamen Magnetfestplatte zu streamen.

Gegen jede Vernunft

Die Last Gen Konsolen sind aber die beiden Plattformen, auf denen sich das meiste Geld kurzfristig verdienen lässt, auch da bereits absehbar war, dass sowohl die Xbox Series X|S als auch die PlayStation 5 zum Release kaum zu erwerben sein würden. Und PC Spieler, die am Tag der Veröffentlichung über einen ausreichend starken PC auch für anspruchsvollere Titel verfügen, sind global gesehen eine relativ kleine Gruppe. Bei "The Witcher 3" (2015) waren die Verkaufszahlen für die PS4 lange dreimal so hoch wie die für den PC, 2020 standen dann für den PC 12,4 Millionen Einheiten zu Buche, für die PS4 nur 10,8.

Die Leitung von CD Projekt - zugegeben ganz schön in der Zwickmühle - setzte also früh gegen alle Fakten und somit wider besseren Wissens auf das Prinzip Hoffnung und endlose Überstunden. Spätestens nach den schon viel zu früh gestarteten Vorbestellungen hatte wohl niemand der Verantwortlichen mehr die Eier komplett zurückzurudern, obwohl es aus Sicht eines neutralen Beobachters mehr als angemessen gewesen wäre, im letzten Dezember lediglich eine PC Version zu veröffentlichen und ein halbes Jahr später die Version für die neuen Konsolen in Aussicht zu stellen - und somit "Cyberpunk" am besten für die Last Gen gar nicht herauszubringen.

Weniger Objekte = mehr FPS

Ich habe "Cyberpunk" einige Stunden auf der Xbox One S gespielt, um mir einen Eindruck zu verschaffen, und obwohl ich dies bereits mit der Version 1.06 tat, wirkt das Spiel im besten Fall wie eines der letzten Xbox 360 Spiele. Insbesondere die geringe Auflösung von bestenfalls 720p erinnert mich stark an "Assassin's Creed Rogue" (2014), das ja damals als Lückenbüßer für die PlayStation 3 / Xbox 360 veröffentlicht wurde, während "Unity" mit brandneuer Engine, dem sehr detaillierten Paris, großen Menschenmassen und einem Sack voll von Bugs ausschließlich für die PS4 / Xbox One an den Start ging.

Abgesehen von der sehr geringen Auflösung bietet sich einem auf der Xbox One X, auf der ich hauptsächlich gespielt habe, aber fast genau dasselbe Bild wie auf der kleinen Schwester. Es befinden sich nach meinem Eindruck also genauso wenig Autos und Passanten auf den Straßen. Obwohl die X etwa 30 % mehr CPU Power als die Basiskonsole hat, reicht dies immer noch nicht annähernd aus, um von einer externen SSD alle Inhalte flüssig zu streamen, so dass das Spiel nicht nur immer wieder mal FPS in den niedrigen 20ern produziert, sondern auch sekundenlang einfriert bevor es - zum Glück - dann doch meistens weiterläuft.

Ganz großes Kino

Inhaltlich findet man in "Cyberpunk" eigentlich zwei Spiele vor. Zum einen gibt es da diesen extrem guten Story oder vielmehr Personen orientierten Teil. In diesem Teil erlebe ich das, was in den Trailern zuvor angedeutet wurde. Mein Spielcharakter V leidet unter der modernen Variante des kleinen Mann im Ohr, der in Gestalt des eigentlich längst verstorbenen Rockstars und - erm - Terroristen Johnny Silverhand (Keanu Reeves) droht nach und nach die Kontrolle über meinen Körper zu übernehmen. Entsprechend drehen sich große Teile des Spiels darum, wie man dies verhindert bzw. sich mit Johnny irgendwie arrangiert.

Andere Teile mit Fokus auf der Handlung lösen V sozusagen ein Bisschen als zentrale Figur ab und stellen die Personen, die ich während der Hauptquest zuvor getroffen habe, und deren persönliches Umfeld in den Mittelpunkt. Die gescripteten Action Sequenzen sind ohne jede Frage beeindruckend, doch noch viel beeindruckender sind die dank der Ich Perspektive fast real wirkenden und manchmal auch sehr tiefgründigen Gespräche, in denen ich anders als in vielen anderen Spielen immer wieder mal wesentlich verunsicherter agiere, weil ich auch auf unfreundliche, mächtige oder zumindest bewaffnete aber sehr nervöse Gesprächspartner treffe.

Diese insgesamt knapp 40 Stunden mit starkem Storyfokus stellen in meinen Augen fast alle anderen Videospiele in den Schatten, brauchen aber genau genommen diesen riesigen Unterbau mit der frei begehbaren Stadt, dem etwas aufgeblähten Skillsystem mit den Dutzenden von Waffen und Implantaten gar nicht zwingend. Dieser Teil hätte sicherlich ebenso gut funktioniert, wenn ich als Spieler aus wenigen Fähigkeiten, Waffen und Implantaten etwa auf Niveau eines "Mass Effect 2" (2010) hätte frei wählen können und mich hauptsächlich durch Schlauchlevel bewegt hätte.

Und nun nach Schema F

Und dann gibt es da diesen stark an ein beliebiges Spiel mit der Ubisoft Formel erinnernden Open World Teil, wie ich ihn praktisch in den letzten fünf Jahren schon im Dutzend erlebt habe, in dem ich mich eben mit diesen ganzen Fähigkeiten, Waffen und Implantaten so richtig austoben kann. In dem ich mich in generischen Aufträgen für die Polizei oder für die Fixer (lokale Mittelsmänner) an ihren schlecht animierten Videotelefonen mit auch mal viel zu starken Gegnern messen kann, ohne dass mein zehnmaliges Ableben den Spielfluss und damit mich selbst anders als im Story Teil irgendwie im geringsten gestört hätte.

Beide Teile greifen nicht besonders stark ineinander, aber beide Teile machen mir viel Spaß und das selbst mit allen Einschränkungen in der derzeit vorliegenden (und wie ich fürchte am Ende letztlich doch permanenten) Form. Denn wer sich einmal in einer asiatischen Großstadt aufgehalten hat - am besten auch mal abseits der Touristenattraktionen - kann bezeugen, dass Night City auch mit ein paar Autos und Passanten weniger gerade zu später und früher Stunde real genug wirkt. Und ich bezweifle auch, dass irgendwer wie in der Realität tatsächlich mehrere Stunden in einem Videospiel in einem Stau feststecken möchte, egal wie realistisch er es mag.

Die halbfertige Stadt

Natürlich kann nicht mal im Ansatz davon die Rede sein, dass die ganzen Personen in Night City einen vernünftigen Tagesrhythmus haben. Jeder sieht auf den ersten Blick, dass niemand in Bewegung ein ernsthaftes Ziel hat, oder ein Verkäufer etwas anderes tut, als den ganzen Tag rumstehen. Aber mal ganz ehrlich: Was hätte es mir gebracht, verschiedenste Passanten nach Hause aufs Klo zu begleiten und wie hätten sie wohl darauf reagieren sollen? Die NPCs wirken immerhin eine Ecke besser als etwa die in "Anthem" (2019) und ich interessiere mich in der realen Welt auch nicht für andere Leute in der Fußgängerzone, so dass mir die anonyme Menschenmenge ausreicht.

Etwas bescheiden sind die übrigen Interaktionsmöglichkeiten innerhalb der Stadt bzw. Spielwelt. Da war selbst in "The Witcher 3" bereits etwas mehr los. Die Möglichkeiten abseits irgendwelcher Massaker beschränken sich auf ein paar wenige Boxkämpfe - wieso kommt mir das so bekannt vor - und noch weniger Prostituierte (auch schwer originell), Graffiti scannen (gähn!), und den in meinen Augen eher unwichtigen Autokauf, weil ich innerhalb der Storymissionen genügend Fahrzeuge erhalte und es nie darauf ankommt, welches Fahrzeug ich habe. Und natürlich verschiedene Geschäfte aufzusuchen, in denen ich mich entweder mit Kleidung, Waffen oder Cyberware eindecke.

Hier hätte es also ohne wenn und aber selbst für meinen Geschmack ruhig etwas mehr sein dürfen, was nicht so ganz in die Kategorie "billiges Spielzeitgestrecke" fällt, aber vielleicht haben die kostenlosen DLCs ja diesbezüglich etwas mehr im Gepäck, wobei ich jetzt nicht weiß, ob mich City Golf oder ähnliches stundenlang beschäftigen kann, aber vielleicht kommt ja auch etwas wirklich überraschendes, was mir niemals eingefallen wäre. Leider wird CD Projekt mich noch etwas länger als erwartet auf diese warten lassen, da erst der Patch 1.12 im nächsten Monat fertiggestellt werden muss. Soeben wurde Patch 1.11 freigegeben, um die Fehler durch Patch 1.10 von vor einer Woche wieder zu entfernen.

Zeit auszuteilen!

Wer will kann sich in "Cyberpunk" mit Hilfe der eigenen Fäuste, stumpfen, scharfen und Handfeuerwaffen, Schrot-, automatischen und natürlich Scharfschützengewehren Respekt verschaffen. In Verbindung mit der richtigen Cyberware lassen sich bestimmte Waffen so modifizieren, dass ihre Kugeln gezielt von anderen Objekten abprallen oder auch automatisch ihr Ziel finden, also ein Bisschen um die Ecke fliegen und somit Headshots zum Kinderspiel werden. Oder man setzt auf Energiewaffen, die praktisch jedes Material auf dem Weg zum Ziel durchschlagen, so dass ich vom Dach aus bereits alle Gegner im Keller töten kann.

Mithilfe der sogenannten Quickhacks ist es aber auch möglich weitgehend auf klassische Waffengewalt zu verzichten und über die Cyberware den Gegner anzugreifen, indem diese außer Gefecht gesetzt wird oder etwa überhitzt. Ein geschulter Hacker kann mehrere Ziele gleichzeitig angreifen und so schnell auch größere Gruppen in die Knie zwingen. Wem dies liegt, hat auch die Möglichkeit hauptsächlich aus dem Verborgenen heraus zu agieren, was einigen Missionen der Fixer mit Boni belohnt wird. In diesem Fall schleicht man mit V also durch die Gebäude, schaltet die Security Maßnahmen aus, und bringt die Gegner klammheimlich einen nach dem anderen um und versteckt die Leichen vor den anderen Wachen.

Spezialisierung gefällig?

Der Skilltree - bestehend aus den fünf Attributen Stärke, Reflex, Intelligenz, Technik und Coolness - ist zu Beginn etwas undurchsichtig, der Schleier lichtet sich jedoch beim Spielen, ohne dass es zwingend des Studiums externer Quellen bedarf. Generell gilt, dass ich auch ohne größere Investitionen in den jeweiligen Skilltree mit fast allen Arten von Waffen ausreichend gut umgehen kann und auch in der Lage bin, ohne größere Investitionen in den Bereich Coolness zu schleichen. Es gibt in meinen Augen lediglich drei Ausnahmen, in denen mal so ein Bisschen Punkte vergeben, zu wenig führt und daher eine Verschwendung ist.

Einer ist der Bereich stumpfe Waffen unter Stärke, da hier zum Ausgleich des Feilbietens des eigenen Körpers für die Waffen mit ohnehin sehr hohem Grundschaden extreme Boni im Vergleich zu allen anderen Waffenarten inkl. Heilung freigeschaltet und zusätzlich die Ausdauerkosten fast vollständig nivelliert werden können. Der zweite Bereich ist Quickhacks unter Intelligenz, da erst durch die Möglichkeit sehr viele Hacks schnell hintereinander anzuwenden und mit nur einer Aktionen mehrere Gegner zu treffen, das Schadenspotential exponentiell anwächst. Und der Dritte ist das Crafting unter Technik. Im Spiel können mehr als genug hochwertige Waffen etc. gefunden oder zur Not auch von Händlern gekauft werden, so dass man Crafting entweder richtig betreibt oder es ganz lassen sollte.

Und der Rest?

Die KI der Gegner macht meist guten Job, verhält sich entsprechend ihrer Bewaffnung und setzt auch Granaten sinnvoll gegen mich ein. Gerade größere Gruppen könnten aber noch etwas mehr ausschwärmen, nachdem meine Position ihnen bekannt wurde. Oft reicht es daher sich zurück zu ziehen und den Kopf für ein paar Sekunden unten zu halten, um aus dem Gröbsten wieder raus zukommen. Wenn ich meine Deckung unter Feuer verlasse und am besten noch in einem Anfall von Schwachsinn den Abstand verringern will, damit ich besser treffen kann, sind die Gegner durchaus in der Lage mir innerhalb kürzester Zeit in den Kopf zu schießen, so dass ich auch im späteren Spielverlauf immer mal wieder ins Gras beiße, wenn ich mich für Superman halte.

Insgesamt funktioniert "Cyberpunk" somit als Spiel, es fehlen (derzeit) aber einige der angekündigten Features. Viele sind für mich jetzt persönlich kein ganz großer Verlust, weil ich mir etwa den Autokampf auf vollen Straßen in der offenen Spielwelt ohnehin nicht vorstellen kann oder mit der S-Bahn zu fahren verglichen mit einem Schnellreisesystem auf Dauer doch eher zu lahm ist. Doch insbesondere die fehlende Vertikale vermisse ich, die ja auch dazu führen sollte, dass Night City als wesentlich größer als die reine Anzahl der Quadratkilometer empfunden werden sollte. Nur in ganz wenigen Situationen kommt "Cyberpunk" mal über zwei Stockwerke am Stück hinaus und bleibt damit deutlich hinter Titeln wie etwa "The Division 2" (2019) zurück.

Betrete ich eines der riesigen Häuser, ist praktisch idiotensicher einer meiner ersten Anlaufstationen der Fahrstuhl, der mich dann vom Erdgeschoss in den 40. Stock bringt. Wenn ich mich dumm anstelle, kann ich vielleicht an der einen oder anderen Stelle auf die Straße stürzen, aber großartig an Fassaden herum klettern ist nicht. Fast vollständig verschwunden ist auch der Cyberspace. Vielleicht war meine Erwartungshaltung auch nicht realistisch, aber es wird viel über gefährliche KIs geredet, die sich hinter einer "schwarzen Wand" befinden sollen, doch so richtig Bekanntschaft mache ich mit ihnen oder wenigsten mit der Kontrollinstanz Netwatch nicht. Selbst mit Netrunnern habe ich nicht furchtbar viel zu tun gehabt, noch habe ich verstanden, was die den lieben langen Tag so treiben.

Verzeihst Du mir noch einmal?

Mit am seltsamsten ist aber die Integration der Polizei in Night City. Während auf verschiedenste Gangmitglieder ein permanentes Kopfgeld ausgesetzt ist, das mir umgehend bei Neutralisation des Schurken überwiesen wird, scheint die Polizei selbst keinen besonders großen Drang zu haben, selbst eine Ansammlung von Massenmördern festzunehmen. Und meine eigenen Missetaten - wie z. B. versehentliches Parken auf drei unbescholtenen Bürgern (was stehen die da auch so dumm rum) oder etwas unreflektiertes Verhindern eines Straßenraubs mittels Handgranate - sind bereits für immer vergessen, wenn ich zweimal um die Straßenecke biege.

Auch wenn ich aus Unachtsamkeit einen Polizisten anschieße oder sogar mit voller Absicht mehrere töte, wie ich es gegen Ende des Spiels ein paar Mal ausprobiert habe, erscheinen zwar sehr schnell ein ganzer Haufen Polizisten sprichwörtlich aus dem Nichts - und völlig egal wo ich bin, Dach, Toilette, you name it - und gerne wenig fair direkt in meinem Rücken. Sie brechen aber fast eben so schnell die Verfolgung wieder ab und vergessen den Vorfall vollständig, selbst wenn ich bei der Auseinandersetzung ein Dutzend Zivilisten und Polizisten getötet habe. Die fliegende Hightech Einheit MaxTac, vor der mir zu Beginn des Spiels Angst gemacht wird, zeigt sich jedenfalls nie.

Fazit:

Was für ein Desaster für CD Projekt. Obwohl das Spiel um acht Monate verschoben wurde, hätte es wohl ein weiteres Jahr Entwicklung vertragen können. "Cyberpunk" ist an vielen Stellen weiterhin eine Baustelle, von der ich nicht sagen kann, ob die Arbeiten jemals zu einem positiven Abschluss kommen werden. Natürlich hat die Leitung von CD Projekt jetzt zahlreiche Nachbesserungen angekündigt, aber das hätte ich auch, wenn ich aus dem PlayStation Store geflogen wäre, man mein neuestes Spiel fast überall zurückgeben kann und mich Investoren verklagen wollen. Wie viel letztlich der Schere zum Opfer gefallen ist und dann vielleicht als letzter Ausweg zu banalen Textnachrichten sog. Shards wurde, die absolut kein Schwein lesen will, weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Aber wenn ich mir den Skill Commando so angucke, der einen unter Wasser quasi unsichtbar machen soll, so dass Gegner einen nicht bemerken können, dann fällt natürlich sofort auf, dass es im ganzen Spiel kaum Wasser gibt und erst recht keine Situation, in der man sich Gegnern vom Wasser her nähert. Das was hier am Ende unter immensem Zeitdruck zusammen gestückelt wurde, lässt sich zwar aus meiner Sicht ohne Zweifel immer noch ziemlich gut spielen, aber ich musste eben in Kauf nehmen, dass das Spiel im Schnitt alle 20 Spielstunden abstürzt, ich aufgrund säuischer FPS die Kontrolle über mein Auto verlor und auch mal chancenlos im Kampf war, weil ich nicht schnell genug Zielen konnte.

Am meisten geärgert habe ich mich aber wahrscheinlich, wenn hochwertige Gegenstände irgendwo im Boden, in Möbeln oder unter Autowracks verschwanden, so dass ich sie nicht mehr aufnehmen konnte. Zwar hatte "The Witcher 3" in den ersten Monaten auf der PS4 und Xbox One auch eher bescheidene FPS und nach einem Jahr lief das Spiel dann doch noch sehr gut, doch wenn ich jetzt die Minimalanforderungen für die PC Version von "The Witcher 3" (4 * 3 GHz) und "Cyberpunk" (8 * 3,4 GHz) vergleiche, dann müsste "Cyberpunk" mindestens doppelt so gut optimiert werden wie "The Witcher 3", was dann doch eher ein Wunschtraum bleiben wird.

Daher muss ich hier ganz deutlich sagen, meine Wertung bezieht sich ausschließlich auf das aktuelle Spielerlebnis mit der Xbox One X mit Patch 1.06. Wer einen guten PC oder eine der neuen Konsolen sein Eigen nennt, kann sicherlich ein oder zwei Punkte dazurechnen, wer jedoch auf einer PS4 oder Xbox One (S) spielen würde, kann noch einmal ein oder zwei Punkte abziehen. Denn bei der Grafik kommt noch dazu, dass "Cyberpunk" aufgrund seiner modernen Architektur und den daher relativ vielen geraden Linien pixeliger als etwa zuletzt "Assassin's Creed Valhalla" (2020) in ähnlicher Auflösung wirkt. Im Ergebnis würde ich also Besitzern der alten Basiskonsolen vom Kauf abraten.

Alle anderen können noch in Ruhe den Patch 1.12 abwarten (dann auch potentieller Nachtest von mir), aber sollten sich keinesfalls dauerhaft diese abgedrehte, immer wieder wahnsinnig emotionale Geschichte und den göttlichen Auftritt von Keanu Reeves entgehen lassen. Und auch nicht die völlig extreme Musik, die einem die Lachtränen in Augen treibt, besonders wenn sie überraschend (Jazz während eines Autorennens) oder völlig unpassend (Death Metal beim Einparken) auf einen abgefeuert wird. Oder das Gefühl eine ganze Bande übler Mistkerlen innerhalb weniger Minuten zur Strecke gebracht zu haben, dann mit einem 1977er Porsche durch die nächtlichen Straßen zu cruisen, um anschließend sich mit Johnny darüber zu unterhalte, ob das Zünden eines Nuklearsprengkopfes in der Innenstadt wirklich so eine gute Idee war.



  POSITIV:
  - Hammergeschichten
  - fiese Zukunftsvision
  - spaßige Kämpfe
  - individuelle Spielweise
  - Musik zum Lachen


  NEGATIV:
  - sehr auf PC abgestimmt
  - Spiel stürzt ab
  - viele Bugs und Glitches
  - FPS Einbrüche
  - fehlende Inhalte