ASSASSIN'S CREED
Valhalla

Ubisoft Montreal

(10.11.2020)

auch veröffentlicht auf
PlayStation, Stadia u. Windows


Seit seinem Erscheinen ist "Assassin's Creed Odyssey" (2018) häufig Opfer meines Spotts geworden, obwohl ich es doppelt so lange auf YouTube geguckt wie gespielt habe. Von daher war es nun nur gerecht, dass ich mir nach "Assassin's Creed III" (2012) mit "Assassin's Creed Valhalla" mal wieder ein AC gleich zum Release gekauft habe. Wie bei AC üblich erscheint "Valhalla" passend zu Weihnachten, über verschiedenste Plattformen hinweg und musste diesmal neben PC und Stadia gleich für sieben unterschiedliche Konsolen optimiert werden.

Leider ist aufgrund der knappen Verfügbarkeit der Konsole aus meinem Plan nichts geworden, "Valhalla" gleich auf der Xbox Series X zu spielen, aber auf der Xbox One X mit externer SSD lässt es sich (auch) sehr gut spielen. Etwas, was ich von der Version für die Xbox One (S) beim besten Willen nicht durchgehend behaupten kann. Zwar stört die interne Auflösung von geschätzt 720p in Bewegung kaum, weil es in "Valhalla" wenig gerade Linien gibt, aber bei einem Blick in die Ferne oder allerspätestens wenn ein paar mehr Leute in einer größeren Burganlage mitkämpfen, kann ich die Frames schon fast mit dem bloßen Auge zählen.

Das kommt mir bekannt vor...

Während "Odyssey" aufgrund des mediterranen Griechenlandszenarios wenigstens optisch keine Kopie von "The Witcher 3" (2015) war, sieht das hauptsächlich im Jahr 873 in England angesiedelte "Valhalla" nun auch noch auffallend ähnlich aus. Es bietet aber genaugenommen optisch - abgesehen von den längeren Ausflügen in die nordische Sagenwelt - mit seinen normalen Tieren, Menschen und kaputten römischen Bauten, die mir wie auch die übrigen Bauten im Schnitt etwas übertrieben hoch aufragen, sogar weniger Abwechslung als das Vorbild.

Und das ist schade, denn es ist natürlich ganz überwiegend die eigentlich umwerfende Grafik, in die Ubisoft Montreal seine unglaubliche Manpower investiert. Spielcharakter Eivor - diesmal wahlweise weiblich, männlich oder je nachdem (das ist kein Witz über divers, das ist eine Option, weil ich immer noch in der "Gegenwart" den Animus nutze) - verliert durch Clan-Genozid früh die Eltern (interessiert sich aber nur für den Vater) und bekommt fast von einem Wolf den Kopf abgebissen. Und damit ist dann auch schon die Charakterisierung abgeschlossen, es kommt der Zeitsprung und wir können alle umbringen, die irgendwas mit dem Mörder unserer Eltern zu tun haben.

Und auch alle anderen, so sie denn dem Animus nicht als Zivilisten gelten. Wie gewohnt wird von Ubisoft so ziemlich jede Gräueltat belohnt, denn - mal Hand aufs Herz - wer würde dutzende Stunden nur mit Laufen, Reiten und Rumschippern pur verbringen wollen, wenn ihm weniger Motivation als John Rambo mit auf den Weg gegeben wird. Schon im Tutorialgebiet - also meiner alten Heimat Norwegen - muss daher zwingend nachgelegt werden und so macht mich mein Bruder Sigurd (eigentlich Sohn meiner Adoptiveltern) und zukünftiger Jarl (Clanchef) in Personalunion mit Basim von den Hidden Ones (später Assassinen) bekannt.

Aller Anfang ist holperig

Wie der Zufall es so will, hat Basim auch seinen Schüler Hytham mitgebracht, der Kjotve the Cruel, den Mörder meiner Eltern, genau studiert haben will (yeah, wahrscheinlich hat Hytham YouTube Videos von Kjotve gesehen, aber nehmen wir den Quatsch einfach mal so hin) und als eine Art Reifeprüfung töten soll. Denn Kjotve ist nicht nur einfach ein Riesenarschloch, er ist auch noch Teil des regionalen Arschlochverbundes mit 45 mehr oder eher minder prominenten Mitgliedern, der sich Order of the Ancients (später Templer) nennt. Da ist es doch Ehrensache, dass ich Hytham bei der Arbeit unterstütze, ja ihm diese eigentlich abnehmen will.

Das sieht dann so aus: Wir fahren nach kurzer Vorbereitung mit mehreren Boten voller blutrünstiger Wikinger zu Kjotves Basis. Dort verwickel ich Kvotve in einen Kampf Mann gegen Mann (in meinem Fall Frau) und als die Gelegenheit günstig ist, will Hytham Kjotve von schräg links hinten anspringen und abstechen (man beachte, dafür braucht es irre viel gezielter Informationen und individueller Vorbereitung), ich warne Kjotve mit meinem "Nicht, Hytham" und Kjotve klatscht Hytham volle Kanne an die Wand, so dass Hytham sich so schwer verletzt, dass er nie wieder kämpfen kann. Vielen Dank, dass ich als Spieler wieder einmal den umsichtig agierenden Helden spielen darf!

Wenigstens besiege ich dann anschließend doch noch im fünften Versuch Kjotve und es kommt zur ersten der immer ähnlichen und auf Dauer etwas langweiligen Massenschlachten im Rahmen von Belagerungen, muss aber auf Sigurds Wunsch nach der erfolgreichen Belagerung von der Verfolgung Kjotves Sohn Gorm absehen, der durch seine grausame Kindheit selbst ein schlimmer Finger geworden sein soll. Als ich mich wenigstens rund um Kjotves Festung umsehen will, schließlich ist da was gelbes auf meiner Karte, werde ich 31 Meter von einem Schatz entfernt brutal mit "Area not available" ausgebremst.

Geduld ist gefragt

Dann eben zurück nach Hause und den Sieg feiern. Ist nur kein Boot mehr da, das mich mit zurücknehmen könnte. Eigentlich ist niemand mehr da, nur Hytham wurde ebenfalls (möglicher Weise für sein Versagen) zurückgelassen, steht in einer Endlosschleife einfach nur da und sieht jetzt nicht gerade halbtot aus, redet aber auch kein Wort mit mir. Atmosphäre pur eben! Dabei hätte ich doch allen Grund gehabt, mich bei ihm zu entschuldigen. Also vielleicht später dann mal, Hytham, ich habe zum Glück als letzten Ausweg gerade auf der Karte die Schnellreisefunktion für mich entdeckt.

Bei einem Open World Spiel ist "normale Spielweise" ja immer so eine Sache, aber in Bezug auf die Ubisoft Formel ist es schon ziemlich normal von mir, dass ich kleinere Umwege in Kauf nahm, um Ressourcen und Ausrüstung einzusammeln, während ich hauptsächlich der zunächst weitgehend handlungsfreien Hauptquest folgte. Fast 30 Spielstunden lang nimmt sich "Valhalla" eine ziemliche Auszeit, nachdem Sigurds Vater den Jarlposten gegen anhaltenden Frieden verpfändet und deshalb Sigurd und Eivor mit einem Dutzend Freunden Norwegen verlassen haben, damit Sigurd in England Chef spielen kann.

30 Stunden, die ich mit der überraschend unspektakulären und schlecht zu bedienenden Siedlung Ravensthorpe verbringe, die sich (und mir) wie schon die Garnison in "WoW - Warlords of Draenor" (2014) mit einer optionalen permanenten Draufsicht einen Riesengefallen getan hätte, und dem immer gleichen Ablauf außerhalb der Siedlung: Potentielle Verbündete mit Charakter und Lebenslauf vom Reißbrett kennenlernen, vier, fünf geistlose Missionen runter reißen, in vorhersehbarer Massenschlacht im Rahmen einer Belagerung verenden - und wahlweise in voller Kleidung rumknutschen, was so schlecht funktioniert, dass ich mich frage, wie ich in der Rüstung überhaupt klettern kann.

Besser spät als nie

Erst als Sigurd erneut mit Basim im Schlepptau auftaucht und anfängt wie im Fieberwahn zu faseln, er sei auserwählt und müsse unbedingt die Ketzerin Fulke aus der Gefangenschaft der Angelsachsen befreien, wird es richtig interessant. Denn - *tatatataaa* - seinem Bruder kann Eivor wegen ein paar Differenzen ja nicht alle Gefolgsleute töten und abschließend den Schädel einschlagen, nee, seinem Bruder und Jarl muss Eivor quasi als Befehlsempfänger auch gegen eigene Vorbehalte in den Kampf folgen, denn Eivor (und ich) verstehen erst einmal beim besten Willen nicht, warum Bruderherz auf einmal am Transzendieren ist, anstatt sich auf potentielle Verbündete zu konzentrieren.

Zwar gönnt sich "Valhalla" auch danach noch ein paar kleine Durchhänger, aber es wird ohne wenn und aber ab dem ersten Drittel insgesamt deutlich besser. Ja, es hätte am Ende vielleicht sogar "Assassin's Creed II" (2009) in meiner persönlichen Gunst übertroffen, wenn es nicht einige Serienaltlasten bzw. Verschlimmbesserungen mit sich herumschleppen würde. Sehr gefreut hat mich, dass endlich der Animus so gut wie keine Bildstörungen mehr für Eivor verursacht und nicht wie noch im ersten Open World Serienteil "Assassin's Creed Origins" (2017) die Welt immer wieder aus Polygonen nach und nach aufgebaut wird und einen somit raus reißt.

Doch was soll ich nur mit diesen immer noch langweiligen Sprüngen in die Gegenwart anfangen, auch wenn es diesmal wenigstens am Ende gelingt, sie in die Geschichte einzubinden. Wie egal muss einem der Strompreis sein, wenn man Tag und Nacht das Grab von Eivor mit mehreren Scheinwerfern ausleuchtet, obwohl niemand dort noch etwas untersucht. Wir mussten halt irgendwas zeigen, lies doch bitte auch ein paar wirre Notizen, die wir an die Wände des Hauses im Nirgendwo gepflastert haben, und führ ein paar Gespräche zum Vergessen mit den anderen Teammitgliedern, auch wenn Du sowieso nur wieder in den Animus steigen willst.

Charaktersystem

Wie ich Eivor in "Valhalla" meinem eigenen Spielstil anpassen kann, erfindet das Rad verglichen mit anderen Spielen wahrlich nicht neu, und ist doch mit so einigen Blendern behaftet. Zuerst einmal ist das, was ein Skilltree sein will, mit das Unglücklichste, was jemals in einem AC integriert wurde. Auf dem Bild hier ist das Drittel des Bären (Nahkampf) zu sehen. Die anderen Bereiche sind die des Raben (Meucheln) und des Wolfs (Fernkampf) - und jeder ist unglaubliche 134 Einträge groß. Für Menschen mit fotografischem Gedächtnis mag das seinen ganz eigenen Reiz haben, für mich nicht! Am Ende bringt es vor allen Dingen nicht besonders viel, sich damit überhaupt zu beschäftigen.

Die wichtigsten Auseinandersetzungen des Spiels werden im offenen Nahkampf geführt, in dem mir Meucheln gar nichts und Fernkampf fast gar nichts bringen sollte, so dass Ubisoft auch unter Meucheln und Fernkampf massig Verbesserungen platziert hat, die mich im Nahkampf stärker machen. Bedeutet also, dass die zu verteilenden Skillpunkte zwar nach ganz viel aussehen, aber letzten Endes keine ganz großen Änderungen bewirken. Das letzte Bisschen verbliebene Spezialisierung nimmt mit zunehmender Spieldauer sogar immer weiter ab und nicht etwa zu, da ich mir ab 200 Skillpunkten aufwärts ganz frei die Rosinen aus allen Bereichen rauspicken kann.

Ausrüstung

Um den Ausrüstungsmarathon der letzten beiden Serienteile etwas zu drücken, hat Ubisoft sich diesmal entschieden, den Spielcharakter in leicht zu komplettierende Rüstungssets aus fünf Teilen zu kleiden, die wie die ebenfalls weniger zahlreichen Waffen und Schilde insgesamt zehn Qualitätsstufen haben. Analog zum Skilltree werden sie der Kategorie Bär, Rabe oder Wolf zugeordnet und erhalten aus diesem Bereich des Skilltrees kleine Boni auf ihre Werte. Klingt prima, bedient sich auch wesentlich besser als der Skilltreee selbst und der Tipp während des Ladebildschirms wird zudem nicht müde, mir mitzuteilen, dass ich doch mit verschiedener Ausrüstung experimentieren soll.

Nur leider geht das nur bedingt, denn wenn ich verschiedene Arten von Ausrüstung in Bezug auf ihre Praxistauglichkeit vergleichen will, dann muss ich das schon mit Ausrüstung gleicher Qualitätsstufe tun - und genau dies ist kaum möglich, da mir im Spiel die nötigen Ressourcen fehlen, um mal eben nur zum Vergleich immer wieder weitere Rüstungen aufzuwerten. Außerdem lässt die Art und Weise, wie im Detail aufgerüstet wird, jeglichen Realitätsbezug vermissen. Mein Kapuzenmantel wird ganz sicher nicht noch einmal besser, wenn ich ihn bei der letzten Aufrüstung mit 110 kg Eisen, 275 Tierhäuten und 11 kg Wolfram verstärke - er wird einfach nur noch einmal deutlich schwerer.

Wer sucht, der findet

Kommen wir nun zum eigentlichen Spiel: Wenn ich nicht gerade Menschen töte, weil ich persönlich was gegen sie habe, und auch mal ein paar sehr aggressive Tiere, dann suche ich die Spielwelt nach allerlei Schätzen ab. Bei etwa einem Drittel besteht das größte Hindernis darin, dass ein paar andere Menschen glauben, dass wären eigentlich ihre Schätze, was dann je nach Vorliebe auch mal relativ unblutig gelöst werden kann, aber bei Überfällen auf die verschiedenen Abteien immer auf das Töten aller Soldaten hinausläuft - und wenn der eine oder andere Mönch nicht rechtzeitig aus dem brennenden Haus kommt - nun ja. Die zwei anderen Drittel befinden sich mehr oder minder "versteckt" in Häusern, Kirchen und Burgen oder irgendwo im Untergrund.

"Valhalla" hat da so etwa drei Varianten: Wie bekomme ich die Vordertür auf, steige ich stattdessen von oben oder seitlich ein und wo genau befindet sich der Zugang zum Untergrund. Jede Unterart hat dann in sich noch einmal zwei, drei Variationen, aber der größte Teil der Suchen bewegt sich nah am Schema F. Ist der eine oder andere Bereich doch einmal individueller gestaltet, ist dies aber kein großer Grund zur Freude, denn die Suche in diesen Bereichen zieht sich elendig hin, weil sie entweder schrecklich unübersichtlich sind oder ich die vorgesehene Lösung erraten muss, wenn nicht irgendwo ein völlig widersinniger Zettel mit der Lösung rumliegt.

Praktisch allen Schätzen ist gemeinsam, das sie ebenso wie Silberstücke in Tonkrügen und Opale auf dem Küchentisch keinen Grund haben, sich an dieser Stelle zu befinden. Sie sind einfach von den Leveldesignern dort platziert worden. Kein toter oder lebender Mensch der Spielwelt hätte den geringsten Grund gehabt, sein Hab und Gut völlig geisteskrank in der Gegend zu verteilen. Am schönsten sind die Books of Knowlegde, deren Herkunft das Spiel nicht einmal zu erklären versucht und bei deren Berührung ich augenblicklich eine Fähigkeit erlerne, die anders als die Fähigkeiten aus dem Skilltree Adrenalin (knappe Kampfressource) kostet. Wie viel sinniger war es da in der Vergangenheit, dem Spielcharakter etwa ein Genie wie Leonardo da Vinci zur Seite zu stellen.

Order of the Ancients

Wie ich schon kurz erwähnt habe, fehlt es den Geschichten um potentielle Verbündete meist an Herzblut. Ob mein bevorzugter Kandidat oder der Gegenentwurf zukünftig das Sagen in seiner Provinz hat, bewegt sich mehr so auf dem Level, ob ich lieber die CDU oder die SPD wähle. Für meinen emotionalen Fokus sind daher die Templer in ihrer aktuellen Ausprägung der Order zuständig. Und wie ich die beiden ersten Mitglieder der Order - Kjotve und besonders Wigmund - im Rahmen der Hauptquest verfolge, erweckt zunächst den Eindruck, dass Ubisoft hier den ganz großen Handlungsbogen spannen will und richtig was auf der Pfanne hat.

Doch Pustekuchen! Von den 45 Mitgliedern erhalten insgesamt nur acht - also nur noch sechs weitere - eine richtige Inszenierung. Ebenfalls sechs weitere sind wenigstens in die Hauptquest integriert, unterscheiden sich aber nicht deutlich von Kämpfen gegen andere Elitegegner. 15 völlig stereotype Fanatiker reiten Tag und Nacht durch die Gegend und die restlichen 16 leben völlig unauffällig und in meinen Augen ohne besonders subversive Aktivitäten in dem einen oder anderen Dorf. Einen aus der letzten Gruppe habe ich bei einer ganz anderen Aktion aus Versehen getötet und mich dann Stunden später gewundert, dass er schon tot am Boden lag.

Selbst im allerersten "Assassin's Creed" (2007) waren die Gespräche mit den zehn unnatürlich langsam Sterbenden schon eine Gratwanderung. Nun "führe" ich gleich 45 solcher Gespräche und auf knapp 40 davon hätte ich genauso gut verzichten können. Entweder war die Kreativabteilung schon in den Urlaub gefahren, als es an diesen Teil von "Valhalla" ging, oder irgendwer hat einfach hingeschmissen, weil er selbst die Schnauze davon voll hatte. Einige Gespräche sind nah an diesem Niveau: Sterbender (resigniert): "Warum musste ich auch Kaufmann werden. Wäre ich doch einfach Kuhhirte geblieben." - Eivor (aggressiv): "Und nun wirst Du nie wieder Kühe hüten!"

Fazit:

Dass mich die nordische Sagenwelt nicht (wie vielleicht viele andere) in Ekstase versetzt, will ich niemanden ankreiden, aber ich kann gerade mit Eivor auch wegen dem ganzen Göttergefasel nicht so viel anfangen, wie ich das eigentlich sollte. Zum einen kommt mir Eivor fast schon wie eine Superheldin vor, die auch Stürze aus höchster Höhe überlebt und zwar hunderte Soldaten zur Belagerung mitbringt, aber die Schlacht dann doch ganz allein entscheidet. Zum anderen zieht Eivor die Grenze zwischen Freunden und Feinden doch recht opportunistisch und ohne tiefere Überzeugungen. Am Ende mussten allein durch meine Hand über 3.000 Leute sterben, weil Eivor der Ansicht ist, das würde nun England befrieden.

Trotzdem ärgert mich an "Valhalla" beileibe nicht, dass es nicht gut ist. Nein, an "Valhalla" ärgert mich in erster Linie, dass es nicht eine ganze Ecke besser ist. Die Landschaftsgrafik ist unglaublich schön. Die Musik ist besonders in den ruhigen Momenten wahnsinnig gut. Die Bedienung geht abgesehen vom Skilltree und der Siedlung perfekt von der Hand. Aber es gibt eben auch Sachen, die lassen mich einfach nur mit dem Kopf schütteln - und damit meine ich jetzt nicht den einen oder anderen Questbug oder mein Schiff, das nach Kollision mit einer Wurzel im seichten Wasser zehn Sekunden lang und 50 Meter weit durch die Luft fliegt.

Nein, neben dem bereits Erwähntem sind es besonders die Momente, in denen jemand mit meiner Muschi oder dem Bücherregal redet anstatt mit mir, so wie das praktisch jeder meiner "Mitbürger" in Ravensthorpe tut. Oder wenn ich Arbeiter im Winter finde, die ohne Decke auf dem Steinboden eines Turms schlafen, dann merke ich nur zu deutlich, dass "Valhalla" ein zu großes Spiel ist, um es innerhalb von zwei Jahren mit der nötigen Sorgfalt fertigzustellen. Hätte es anstatt 100 nur 50 Stunden lang sein müssen, was hätte es für ein destilliertes Spielerlebnis sein können und dann hätten bestimmt auch mehr als 10 % der Käufer auf der Xbox jetzt zum Release bis zum Ende durchgehalten.

So aber treffe ich immer wieder auf Weltereignisse (waaahahaha!), in denen ich Heu schaufel, ohne Heu auf der Gabel zu haben, oder beschütze drei Minuten lang einen mir bis dahin unbekannten Typen, der einen Pils zu viel gegessen hat, indem ich zehn andere Typen umbringe, die ich ebenfalls noch nie zuvor gesehen habe. Und immer wieder diese Areale, denen ich sofort ansehen kann, dass die Wachen einzig und allein für mich platziert wurden, weil niemand in echt 20 Soldaten auf den Innenhof schickt und zehn weitere Tag und Nach in der Kirche einsperrt, wenn er den Wall drumherum mit fünf Mann sichern kann.

Wer sich an solchen Sachen nicht im gleichen Maße wie ich stört und vielleicht auch noch schöne Landschaften mit viel Nichts zwischen der Action großen Städten vorzieht, bekommt mit "Valhalla" mindestens den besten Serienteil seit "Assassin's Creed Unity" (2014) geboten. Wobei ich einfach nicht darüber hinwegkomme, was für ein Brimborium vor Release um meine eigene Siedlung gemacht wurde, und am Ende baue ich dort verschiedene Handwerksbetriebe, um dann noch mehr Handwerksbetriebe zu bauen. Wenn ich ein Festmahl im Langhaus abhalte, gibt es eine kurze Animation und einen Buff errechnet anhand der Handwerksbetriebe. Mal ehrlich: Den einen Buff hätten sie mir ebenso gut fürs Beten am Lagerfeuer hinterherwerfen können.

Von allein entsteht in der Siedlung nicht ein einziges Wohnhaus und es kommen auch keine neuen Siedler, die sich doch angezogen fühlen müssten (siehe elektronische Anleitung). Wobei wenn die Neuen so sind wie die Alten, können sie ruhig wegbleiben: Der Fischer fängt anscheinend nicht selbst Fische, der Jäger jagt nicht selbst Wild und der Sammler römischer Reliquien sammelt nicht selbst, sondern ich trage jedem Deppen seinen Arsch hinterher - und erhalte dann doch keine oder im besten Fall minimale Belohnungen dafür, weil alle Anforderungen nur von irren Komplettisten zu erfüllen sind. Und als die Siedlung dieses eine Mal angegriffen wurde, standen die meisten entspannt im Langhaus rum. Zu schade, dass die Hütte nicht mit Euch allen darin abgefackelt ist.



  POSITIV:
  - starke Landschaften
  - fantastische Musik
  - Handlung berappelt sich
  - gutes Kampfsystem


  NEGATIV:
  - Schleichen unwichtig
  - kaum starke Charaktere
  - mehr MMO als RPG