SHIFT 2
Unleashed

Slightly Mad Studios

(31.03.2011)

auch veröffentlicht auf
Xbox 360 und für Windows PCs


Nachdem "Need for Speed: SHIFT" (2009) so richtig ins Klo gegriffen hatte, war ich gespannt, ob man bei den Slightly Mad Studios nach nur 18 Monaten mit einer deutlichen Verbesserung an die Strecke kommt oder die neue Marke für immer beerdigt. "SHIFT 2 Unleashed" macht es zunächst nicht wesentlich besser und liegt bei den lahmarschigen Menüs ganz auf der Linie des Vorgängers.

Einsamer Rekord ist die Zeit, die ich warten muss, bis ich endlich anfangen darf zu spielen. Nach endlosem Laden von irgendwelchen Trophäen vor verschwommenem Hintergrund beginnt der Vorspann, den ich erst nach einer halben Minute abbrechen darf. Dann muss ich wieder bestätigen, dass ich auch tatsächlich spielen will (dabei müsste jedem ohne massive geistige Einschränkungen klar sein, warum ich wohl zuvor den beknackten Vorspann weggedrückt habe), erst dann werden meine Profildaten geladen, dann immer zwangsweise versucht sich bei Autolog einzuloggen, was abgewartet und in zwei Menüs abgebrochen werden muss. An diesem Punkt war ich dann kurz davor bei Amnesty International anzurufen oder irgendwo reinzutreten.

Steuerung verschlimmbessert

"SHIFT 2" bietet bei der Steuerung im Fahrzeug eine seltsame Verschlimmbesserung des Vorgängers. Selbst wenn man bereit ist, sich ein paar Stunden in die hypersensibel auf jede Lenkbewegung und jeden Kieselstein reagierenden Fahrzeuge einzuarbeiten, bleibt das Fahrgefühl ein Sonderfall. Besonders die Wagen der Klasse A sind so dermaßen übermotorisiert und driftfreudig simuliert, dass brutal schwere Strecken wie die Nürburgring Nordschleife und Bathurst komplett unmöglich zu fahren sind.

Man kann z. B. nicht nach links lenken, wenn sich rechts von einem ein anderes Auto oder eine Wand befindet, da alle Autos den Po rausstrecken wollen, als würden sie sich um eine Achse in der Mitte des Wagens drehen. Außerdem gibt es wieder die Drift Wettbewerbe, so dass man sich fragt, was an denen so selten geil war, dass sie unbedingt in Teil 2 unverändert schlecht mit dabei sein mussten. Als Zugabe reagiert das Spiel in der PS3 Version mit etwa 0,2 Sekunden Verzögerung auf die Eingabe des Spielers, was meine Reaktionen noch einmal deutlich langsamer wirken lässt und das Finden des Einlenkpunktes nicht gerade erleichtert.

Blendwerk ohne Ende

Grafik hat in einem Autorennspiel neben dem reinen Blendwerk zwei ganz wesentliche Aufgaben: Sie muss veranschaulichen, was ich zu tun habe, sprich wann bremse ich und wann lenke ich ein, um die nächste Kurve zu bekommen, und Sie muss mir ein Feedback darüber geben, ob sich mein Auto tatsächlich so verhält, wie es für mich wunschenswert wäre. Das Blendwerk ist schnell abgehandelt: "SHIFT 2" sieht besonders in der sog. Helmperspektive, wo es einen richtig durchrüttelt, fantastisch aus, und erzeugt bei Sonnenuntergang oder Nachtfahrten eine Stimmung, von denen die anderen Rennspiele nur träumen können.

Soviel Blendwerk hat aber auch seine Nachteile: Die tiefstehende Sonne wird so fantastisch simuliert, dass man beim Blick nach vorne in die Sonne die nächste Kurve tatsächlich nicht sieht. Das ist natürlich ein Stück weit realistisch, aber da meine KI Gegner damit nicht die Bohne zu kämpfen haben, schwinden meine Siegchancen dahin, bis ich die Passage auswendig gelernt habe. Ähnlich problematisch sind die Nachtfahrten: Wenn ich mich auf den ersten Platz vorgeschoben habe, kann ich die nächste Kurve nicht immer rechtzeitig sehen und lande dann zwangsläufig in der Botanik oder an der nächsten Wand.

Viele Strecken, wenig Autos

"SHIFT 2" bringt es zwar auf 80 Streckenvariationen (und lässt mich immer wieder Suzuka fahren), aber nur auf vergleichsweise magere 145 Autos, was der Tatsache geschuldet ist, dass es schnellschussartig aber sehr wirtschaftlich am 31.03.2011 recht mittig zwischen "Gran Turismo 5" (24.11.2010) und dem kommenden "Forza Motorsport 4" (14.10.2011) plaziert wurde. Durch die Restriktionen, welche Fahrzeugklasse überhaupt für welches Rennen zugelassen ist, bleiben oftmals keine zehn, manchmal nicht mal fünf Wagen zur Auswahl, von denen man keinen mag.

Kombinier dies mit Driftrennen und unkontrollierbaren Geschossen der Klasse A und Du hast eine Karriere, die Dich knapp 20 Stunden unterhält und auch nicht gerade zum erneuten Spielen einläd. Überhaupt frag ich mich, wenn ich ein Rennen zum 20. Mal neu starte, was die Entwickler bei "Shift 2" geritten hat, drei extrem hohe Schwierigkeitsgrade (wenn ich tune, tune die Gegner auch) mit dieser Po raus Lenkung zu kombinieren, die mich an absolut jedem Objekt (Auto, Mauer, Leitplanke und danke für die Fässer mitten auf der Fahrbahn) festkleben lässt, wenn ich erstmal den Fehler gemacht habe, in seine Nähe zu kommen.

Viel Setup, wenig Handlung

Die gedruckten Anleitungen bringt es immerhin auf 18 sinnvoll gefüllte Seiten, allerdings ohne auch mal das Autofahren an sich und nicht nur die einzelnen Menüpunkte zu behandeln. Ingame führt "SHIFT 2" den Spieler und vermittelt mir auch komplexere Details in Bezug auf das Setup, weil nicht nur die Setupoptionen erklärt, sondern mir diese zusätzlich auch in korrekten Werten und Maßeinheiten präsentier werden. Außerdem gibt es wie mittlerweile überall eine dynamische Ideallinie.

Ich könnte ja jetzt behaupten, dass ich gedacht habe, dass mich die Jungs von Slightly Mad mit einer spannenden Rahmenhandlung oder wenigstens ausgefeilten Meisterschaften bei der Stange halten wollen, aber auch bei diesem Rennspiel glänzt soetwas wie Handlung eher mit Abwesenheit. Im Vergleich zu den bereits erwähnten Spielen werden aber wenigstens ein paar Videos mit realen Rennfahrern geboten, die nicht müde werden einem zu erzählen, dass man es weit bringen kann. Da dies anders als in Teil 1 mit ein Bisschen Augenzwinkern geschieht, geht das voll in Ordnung.

Obwohl ein Teil der Macher von "SHIFT 2" bereits an so Klassikern wie "GT Legends" (2005) und "GTR 2" (2006) gearbeitet hat und obwohl ich ja am Setup rumschrauben darf, wurde erneut die Chance verpasst den Simulationscharakter des Fahrmodells etwas aufzubohren. So wundert es wenig, dass nach maximal 20 Stunden das Spiel einfach nichts mehr bietet, auch weil zu viele Nervwettbewerbe und zu wenig verschiedene Autos dabei sind.

Fazit:

"SHIFT 2 Unleashed" hat sich zwar verglichen mit seinem Vorgänger innerhalb von 18 Monaten von einem ungenügenden zu einem ausreichenden Spiel gemausert, aber hätte durchaus auch ein befriedigendes werden können, wenn bei Electronic Arts endlich mal ein kleines Bisschen langfristig gedacht werden würde. Wem nützt es, wenn die Verkaufszahlen einmalig besser sind, die Serie aber keine ausreichend große Fanbasis aufbauen kann?

Ich persönlich würde mir ein "SHIFT 3" keinesfalls wieder am Erstverkaufstag zulegen. Es hat jetzt auch ein zweites Mal wirklich Spaß gemacht, mit voller Absicht eine potentielle Gurke zu kaufen, aber auf Dauer wird mir das zu teuer und die besseren Alternativen werden mit den Jahren ja nicht weniger.



  POSITIV:
  - gute Grafik
  - gutes Setup
  - weniger ernst


  NEGATIV:
  - ätzender Spielstart
  - hypersensible Fahrzeuge
  - ganz üble Steuerung
  - PS3 Version mit input lag
  - wenig Drumherum