GTR 2

SimBin AB /
Blimey! Games Ltd.

(27.09.2006)


Sag niemals nie! - Diese Weisheit sollte ich wirklich mal berücksichtigen. - Kaum hatte ich den zweiten Versuch "ToCA Race Driver 3" durchzuspielen aufgegeben und war von "TrackMania United" derbe enttäuscht worden, ertappte ich mich dabei den Preis von "GTR 2" im Auge zu behalten, obwohl mich die Demo damals nicht wirklich begeisterte und die üblichen Verdächtigen als Rennstrecken herhalten würden.

Begeisterung stellte sich auch nach dem Kauf zu Beginn nicht ein. Ich griff zur Grand Prix Strecke von Hockenheim, die mir aus zahlreichen anderen Spielen bekannt war... und flog in fast jeder Kurve ab - wohlgemerkt auf der einfachsten Spielstufe. Offensichtlich erwartete das Spiel eine realistischere Fahrweise von mir, als ich auf die Schnelle aufbringen konnte.

Besser mal die Fahrschule besuchen

Also ging ich in die Fahrschule, die man glücklicherweise für solche Deppen wie mich vorgesehen hat. Während ich logischerweise wenig Probleme mit dem Geradeausfahren hatte, wurde mir bei den ersten Kurvenübungen schnell klar, dass in "GTR 2" anders als in den meisten Spielen selbst ein Ferrari 550 Maranello nicht die Bodenhaftung, ein Lamborghini Murcielago R-GT nicht den kurzen Bremsweg und ein Porsche 911 Biturbo nicht das geringe Gewicht eines Formel 1 Wagen hat.

Aber auch mit diesem Wissen konnte ich die Wagen mit der Tastatur unmöglich um die Kurse schubsen. Richtig gut geht es hingegen überraschenderweise mit der Maus oder perfekt mit dem Lenkrad und Pedalen, wobei ich zugeben muss, dass mir längere Fahrten mit Lenkrad und Pedalen zu sehr in Sport ausarten. :)

Jedenfalls wurde ich so langsam warm mit dem Spiel, stellte begeistert fest, dass alle Autos sich im Fahrverhalten deutlich voneinander unterschieden und meldete mich für den "Pan Euro RS 2003 Rookie-Cup" (Hoffnungslauf) an, der auf Porsche GT3-RS ausgetragen wird. Im Qualifying legte ich eine (gefühlt) sensationelle Runde nach der anderen auf den Asphalt... und hatte am Ende immer noch satte fünf Sekunden Rückstand auf den Vorletzten.

Ach, das Setup ist hier ernst gemeint?

"Okay, bist ja alter Profi", dachte ich und ging in die Box, um dem Porsche mal die Schrauben an den richtigen Stellen anzuziehen. Die Methode tief und hart hatte in Spielen noch nie versagt, um ordentlich Sekunden gut zu machen. Das war ein Irrtum! Wie ein Steinbock auf Speed sprang ich über die Bodenwellen und hatte ungefähr soviel Kontrolle über den Wagen wie ein Stück Butter in einer heißen Teflonpfanne. Glücklich mit dem virtuellen Leben davon gekommen zu sein, suchte ich also schweißnass und reumütig die Box erneut auf, um mich diesmal an einem realistischeren Setup zu versuchen.

Und siehe da, die Summe der kleinen Änderungen machte den Rennhobel tatsächlich etwas schneller, so schnell wie die Gegner wurde ich aber trotzdem nie. Wenn die eigenen Fähigkeiten (noch) nicht reichen, kann man zum Glück zu Beginn einer Meisterschaft nachhelfen, indem man die Gegner auf bis zu 80 % ihrer Kunst herunterregelt. Falls man tatsächlich zu gut sein sollte, kann man aber auch bis 120 % hinaufregeln.

Die Simulation annehmen

Von da an nannte ich das Spiel nur noch Simulation. Und von dieser Simulation bin ich begeistert. Die Umsetzung der einzelnen Autos und Strecken ist so excellent, dass man glaubt jede Bodenwelle zu spüren. Nach der Fahrt auf der jeweiligen Strecke, fragt man sich nie wieder, warum die echten Fahrer an der einen oder anderen Stelle nicht die Ideallinie nehmen, denn man hat selbst erlebt, dass die Strecke dort so holperig ist, dass man Angst hat die Kontrolle über das Auto zu verlieren, was bei 250 km/h verdammt schnell geht.

Was der Simulation im Gegensatz zu einem Spiel leider komplett fehlt ist jeder Ansatz eines Story- oder Karrieremodus. Nicht einmal eine brauchbare Animation oder ein sinnvolles Video gibt es bei einem Rennsieg zu sehen. Wenn Motorsport immer so sachlich wie hier wäre, gäbe es keine Fans. Auch die restliche Präsentation und Menüstruktur ist im besten Fall sachlich und im schlechtesten umständlich. Ohne vorher die "Grand Prix"-Serie seit 1991 bis zum Abwinken gespielt zu haben, hätte ich das Handtuch geworfen. Die Fahrschule vermittelt zwar noch die Basics für die Strecke, aber spätestens beim Setup verlässt es einen. Man muss Auto und Strecke und alles, was damit zusammenhängt, so gut beherrschen, dass es schon fast ein Strategiespiel ist.

Im Detail

Während des eigentlichen Rennens ist die Steuerung ein Traum. In der Boxengasse und im Hauptmenü bin ich aber ganz schön geschwommen. Eine gute Rundenzeit zu fahren ist bockschwer. Die Computergegner fahren generell knackig aber fair aber leider so konstant, so dass man nach jedem Fehler gleich einen Neustart hinlegen muss. Zwar kann das Fahrverhalten aggressiver eingestellt werden, dann reißen sie einen allerdings zu oft gleich mit von der Strecke. Da wäre also dann eine gewisse Frustresistenz gefragt.

Auf der Habenseite steht sicherlich neben dem unglaublich guten Fahrgefühl ein Sound, der sich gewaschen hat. Der Klang der Motoren ist so geil, dass "GTR 2" von mir lauter als alles andere gespielt wird. Zu Anfang hat man zwar ein Bisschen Angst um die Motoren, aber dann gewöhnt man sich daran, dass diese ja nicht wie in normalen Autos viele Jahre sondern nur eine Renndistanz halten müssen. *ROOOAAAÄÄÄR* *Hochfrequenz-Zylinderkopf-Abnutzung*

Die Grafikengine ist bei maximalen Details für das Gezeigte - die Originalrennstrecken sehen schon in der Realität nicht gerade spannend aus - zu langsam und bricht bei Nacht- und Regenrennen völlig ein. Wenigstens können die Grafikoptionen weit heruntergeregelt werden, ohne dass die Simulation dadurch grottenhässlich wird. Nur Trockenrennen bei Tageslicht sind auf der Minimalkonfiguration unter DirectX 7 in bescheidenen 640 x 480 Pixeln x 16 Bit Farbtiefe überhaupt spielbar. Generell gilt: Autos sind hübsch aber haben ein zu mageres Schadensmodell, Strecken gehn okay, Zuschauer sind hässlich.

Fazit:

Gut für zwischendurch, gut für längere Sessions (wenn man die Konzentration eines echten Rennfahrers besitzt) und vermutlich noch lange Zeit die beste Wahl, wenn es einem ums Fahren und nicht um die Neonlichter unterm Auto geht.
Außerdem habe ich zu meiner Freude festgestellt, dass man sich nicht mit den mitgelieferten Strecken begnügen muss, sondern z. B. auf GTR4U weitere Strecken ziehen kann, unter denen sich auch solche absoluten Klassiker wie die Nürburgring Nordschleife (PFLAUMENSTURZ!!!) oder ungewöhnliche Strecken wie der Tallageda Road Course mit unglaublichen Steilkurven befinden.



  POSITIV:
  - macht ordentlich Rabatz
  - echte Simulation
  - Rasen verunsichert
  - freie Schwierigkeitswahl


  NEGATIV:
  - kein Hochglanzprodukt
  - kein Story-/Karrieremodus
  - ziemlich hardcorig