STAR WARS JEDI:
Fallen Order

Respawn Entertainment

(15.11.2019)

auch veröffentlicht auf
PlayStation 4 und für Windows PCs


Ich gebe zu, ich weiß nicht wirklich, was mich eigentlich dazu bewegt hat, "Star Wars Jedi: Fallen Oder" zu kaufen. Seit ich Ende 2012 ein paar Stunden in die Free-to-play Variante des von BioWare entwickelten MMOs "Star Wars: The Old Republic" (2011) reingeschnuppert hatte, bin ich wenig mit einem Spiel oder auch Film im "Star Wars"-Universum in Kontakt gekommen. Naja, und Fanboy des Publishers EA bin ich bekanntlich auch nicht so wirklich, aber - welch positive Überraschung - "Fallen Oder" wurde auf Basis der Unreal Engine und nicht etwa Frostbite entwickelt.

Wer dazu passend einen Blick auf das Cover wirft, dem wird evtl. auffallen, dass dieses zwar die beiden Logos "HDR" und "Optimiert für Xbox One X" zieren, aber komischerweise "ONE" hinter "XBOX" fehlt und anders als etwa bei den Xbox Exklusivtiteln der letzten zwei Jahre oder zuletzt "The Division 2" und "Anthem" keine Rede von "4K Ultra HD" ist. Zwar lässt sich in den Optionen trotzdem die Beschränkung auf 1.080p abwählen, dies ist aber mit einem deutlichen Hinweis verbunden, dass die Frameraten nicht immer optimal sein werden. Die richtig heftigen Einbrüche waren jedoch so selten, dass ich diese nicht als besonders störend empfand. Außerdem macht das Spiel ebenso auf der Xbox One S und einem Fernseher ohne HDR Fähigkeiten einen runden Eindruck.

Gut geklaut ist halb gewonnen

"Fallen Oder" hält sich nicht mit einer langen inhaltlichen Einleitung auf, sondern präsentiert mir gleich nach einer Minute meine Spielfigur Cal Kestis, der auf dem Planeten Bracca als professioneller Schrottzerleger arbeitet und aufgrund seines doch eher jugendlichen Alters wohl ein heimlicher Padawan ist. Für ein paar Extracredits soll ich mit meinem langjährigen Arbeitskollegen Prauf zu ein paar Schlepperklammern klettern (was immer das sein mag) und dort irgendwelche Kabel sichern. Die nun folgende, etwa zehnminütige Klettertour soll mich zum einen mit der Steuerrung abseits des Kampfgeschehens vertraut machen (check!) und andererseits zeigen, was für großartige Umgebungen, in denen ich mich wie ein Zwerg fühle, das Spiel zaubern kann (ebenfalls check!).

Bei der Art und Weise wie Cal flüssig Wände erklimmt und über Abgründe balanciert, sind zunächst Assoziationen mit der "Assassin's Creed"-Reihe nahezu unvermeidlich, mit zunehmender Spieldauer wird jedoch immer offensichtlicher, dass Direktor Stig Asmussen seine Vision von einer Verschmelzung von "The Legend of Zelda: Wind Waker" (2002) mit einem Kampfsystem in Richtung "Souls"-Lite und einem Schuss Metroidvania (bedeutet Level haben zunächst unüberwindbare Hürden) tatsächlich umgesetzt hat, wobei man beim Kampf gegen mehrere Gegner auch etwas "Batman: Arkham Asylum" (2009) spüren kann. Und so eine Mischung funktioniert natürlich auch innerhalb des "Star Wars"-Universum wunderbar, solange mein Jedi sich noch in der Phase der Selbstfindung befindet und keine unbesiegbare Killermaschine wie Darth Vader ist.

Wer möchte ewig leben?

Wäre Cals Kumpel Prauf etwas vorsichtiger gewesen und nicht ohne mein Eingreifen in Form eines Forcepulls in den sicheren Tod gestürzt, dann würde Cal jetzt bestimmt immer noch glücklich und zufrieden Raumschiffe auseinander schneiden. So wurde jedoch die Nutzung der Macht von einer Imperialen Sonde aufgezeichnet, was innerhalb kürzester Zeit zwei Inquisitoren auf den Plan ruft, deren einzige Aufgabe es ist, auch den letzten Jedi auszurotten. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, wohin ich fliehen soll, gilt es erst einmal die Beine in die Hände zu nehmen und möglichst viele Meter zwischen mich und die seltsamerweise Schwestern genannten Brutalos zu bringen.

Wie nicht anders zu erwarten, mache ich während der wilden und oft cineastischen Flucht nun erste Erfahrungen mit dem Kampfsystem. Und tatsächlich weiß dieses sofort zu gefallen, weil ich nicht in erster Linie Reaktionen wie auf Drogen benötige oder 200 Mal in der Minute wie von Sinnen einen Button drücke, sondern Stärken meiner Gegner blocken und Schwächen wiederum nutzen muss, um möglichst unverletzt aus dem Kampf hervorzugehen. Ähnlich wie in "Dark Souls" (2011) speichere ich das Spiel in Meditationskreisen, die meine Lebensenergie wiederherstellen, aber dafür auch alle gewöhnlichen Gegner respawnen lassen. Sollte ich das zeitliche Segnen, so verliere ich lediglich alle Erfahrung seit dem letzten Fähigkeiten-Punkt [sic], die ich mir aber zurückholen kann, wenn ich mich bitterlich räche.

Drei und ein Roboter gegen das Imperium

Doch nach weniger als 15 Minuten ist meine Flucht beendet und unter normalen Umständen hätte mir die zweite Schwester für immer das Licht ausgeblasen, doch wie aus dem Nichts erscheint eine mir unbekannte Cere mit ihrem mir ebenso unbekannten Piloten Greez und retten mir im allerletzten Moment den Arsch. Allein dafür gebührt ihnen natürlich ein gewisser Vertrauensvorschuss, also jedenfalls so ein Bisschen, aber gleich als nächstes zu fragen, ob ich nicht dabei mithelfen will, den Orden der Jedi zu retten... mein Alter Ego Cal ist gerade unter seinen Stein hervorgekrochen, unter dem er die letzten fünf Jahre gesessen hat, also ich weiß nicht, ob der irgendwie arg traumatisiert wirkende Cal bzw. ich wirklich das Zeug dazu haben, irgendwem zu helfen.

So oder so: Mit dem Besuch des Planeten Bogano, auf dem ich ein Gewölbe mit wichtigen Informationen des Jedi Meisters Eno Cordova untersuchen soll, beginnt der normale Spielrhythmus, sprich in relativ freier und oft mehrstöckiger Umgebung versuche ich mir meinen Weg von A nach B zu bahnen bzw. zu finden, denn manchmal hilft die Karte bei unsinnig gestalteten Gebäuden nicht wirklich. Dabei treffe ich auf reichlich Getier und Sturmtruppler, die was auf die Fresse brauchen. Direkte Unterstützung erfahre ich dabei nicht so sehr von Cere und Greez, sondern durch einen kleinen und ausgesprochen niedlichen Roboter mit Namen BD-1, der mehr Fähigkeiten als ich zu haben scheint.

Star Wars Fans im Vorteil

Spielcharakter Cal erhält ganz ähnlich wie zuletzt Link in "Link's Awakening" (2019) erst nach und nach im Spiel alle Fähigkeiten und auch sein volles Selbstvertrauen zurück. Häufig sind daher Wege zunächst versperrt, hinter denen man mind. weitere Kisten mit einer Belohnung - meistens sinnfreie Skins, selten Bonusse auf Macht oder Leben bzw. Heilung - wenn nicht sogar Abkürzungen vermutet. Insofern muss ich die Designer loben, dass mir als Spieler zu absolut jedem Zeitpunkt im Spiel bewusst ist, ob ich einfach die Lösung der meist wenig interessanten Rätsel um riesige Kugeln in meinem Arsenal nur noch nicht gefunden habe oder ob ich tatsächlich später noch einmal wiederkommen muss.

Auch wenn am Ende wohl jeder Spieler bestätigen kann, dass den Schreibern von Respawn Entertainment, zu denen Aaron Contreras ("Mafia III") und Chris Avellone ("Knights of the Old Republic II") gehören, mit Cal ein großer Wurf gelungen ist, so sind Spieler mit Hintergrundwissen zu Oder 66 und den Geschehnissen zwischen den Filmen "Die Rache der Sith" und "Eine neue Hoffnung" etwas im Vorteil, denn sie ahnen früher, was Cal durchgemacht haben muss. Witziger Weise klingt die englische Originalstimme des 26jährigen Cameron Riley Monaghan - also des Darsteller von Cal - manchmal schon zu alt für einen Padawan, der nicht älter als 17, bestenfalls 18 Jahre sein kann, so dass mal ausnahmsweise auch etwas für die deutsche Synchro spricht. Aber dafür wirkt Darth Vader wenigstens in allen Sprachen nicht, als sei er erst 27...

Kill with power (Manowar)

Allzu viele Machtspielchen sollte man am Ende jedoch auch vom vollständig wiederhergestellten Cal nicht erwarten. Das Repertoire beschränkt sich sowohl innerhalb als auch außerhalb von Kämpfen auf Schub, Magnet und Verlangsamen - und der Fähigkeit das Lichtschwert so zu werfen, dass es auch wieder zu mir zurückkommt. Heimliches Vorgehen ist in der Spielwelt von "Fallen Oder" nicht vorgesehen, bestenfalls stürze ich mich von einer Anhöhe auf den ersten Gegner, um es anschließend tapfer mit der restlichen Übermacht aufzunehmen. Trotzdem wirkt das Kampfsystem mit starken Fokus auf Blocken nicht zu limitiert, da jeder Gegner seine Stärken und Schwächen hat, und deren Berücksichtigung bei Kämpfen mit vier oder mehr Gegnern bei gleichzeitiger Ausrichtung der Kamera dann gar nicht mehr so einfach ist.

Am meisten Spaß machen natürlich die gut inszenierten Bosskämpfe. Ich bin mir sicher, es gibt da draußen so einige Artisten am Gamepad, die jeden der Bosse im ersten Versuch gelegt haben. Nun... ich bin nicht mit der Fähigkeit gesegnet, gegen jemanden auf Anhieb zu bestehen, der in der Regel nicht nur schneller sondern auch mit einer Reihe unblockbaren Attacken ausgestattet ist. Und wenn ich deutlich mehr als drei Versuche gebraucht habe, dann wurde ich ganz schön wütend, aber der Weg zum Erfolg wurde mit jedem Versuch klarer, es war offensichtlich, dass ich nur meine schlimmsten Fehler abstellen musste und dann würde ich früher oder später den Sieg davon tragen - und mich darüber richtig freuen.

Fazit:

"Fallen Oder" ist für mich die positive Überraschung des Jahres 2019. Ja, das Spiel ist mit seiner Geschichte unter 15 Stunden, die hin und wieder zu allem Unglück auch noch mehr an dem "Star Wars"-Überbau leidet als davon profitiert, etwas kurz geraten und hat nicht gerade die interessantesten Secrets zu bieten (geh mir mit dem potthässlichen Poncho weg), die ich nach dem Abschluss der Geschichte noch endlos weiter sammeln darf. Und da ich keinerlei Entscheidungsmöglichkeiten habe - also etwa wie in dem BioWare Klassiker "Knights of the Old Republic" (2003) mit der dunklen Seite der Macht zu liebäugeln - und praktisch alle Fähigkeiten problemlos freischalte, gibt es auch keinen anderen Grund, das Spiel erneut zu spielen.

Aber - und ich wiederhole das gerne immer wieder - lieber genieße ich knapp 15 Stunden Unterhaltung auf hohem Niveau in einem Action Adventure mit rundem Kampfsystem und gut ausgearbeiteten Umgebungen, als dass ich in einer riesigen aber leeren Open World endlos gesichtslose Aufträge abspule, bei denen ich oft nicht mehr weiß, warum ich aufgebrochen bin, und hinterher ohne Marker auf der Karte den Questgeber nicht mehr finden würde, weil er mir nicht scheißegaler sein könnte. Während das schon erwähnte "Link's Awakening" das El Dorado für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren ist, wäre "Fallen Oder" in meinen Augen bestens für Teenager ab zwölf Jahren geeignet, aber die USK und auch die Jungs von PEGI sehen dies anders als etwa die amerikanische ESRB.

Und das obwohl keiner der Filme, in denen letztlich das Gleiche passiert, eine höhere Freigabe als FSK 12 erhalten hat, das Spiel allein schon wegen Disney auf abgetrennte Gliedmaßen und Blut verzichtet und in meinen Augen weder brutalere noch bedrohlichere Szenen - und mal deutlich weniger nackte Tatsachen - bietet als etwa der Switch Hit "Xenoblade Chronicles 2" (2017). Vielleicht musste auf diese Weise einfach "bestraft" werden, dass das Spiel besser ist als der aktuelle Film.

Ich vermute übrigens, da der Doppelpunkt im Namen erst nach dem dritten Wort steht, dass an einem Nachfolger bereits gearbeitet wird. Wäre ja ausnahmsweise nicht das Verkehrteste. Mein Tipp für die Geschichte: Ein noch unbekannter Schützling von Darth Vader tötet Cere früh im Spiel aber nicht Greez, der mir bei der anschließenden Jagd über fünf Planeten weiterhin als Pilot zur Seite steht. Die auffälligste Änderung im Spiel wird sein, dass es zwar nicht im Split Screen aber online komplett kooperativ gespielt werden kann. Der zweite Spieler übernimmt dabei die Rolle von Nachtschwester Merrin, die ansonsten im Single Player Modus in den meisten Missionen als KI Begleiter dabei ist. Bin gespannt, wie nah ich dran bin. ;)



  POSITIV:
  - fantastische Umgebungen
  - cooler Roboter
  - Kestis > Skywalker
  - sehr gutes Kampfsystem


  NEGATIV:
  - lahme Rätsel / Secrets
  - etwas kurz
  - Star Wars Vorgaben