SUPER MARIO
3D WORLD

Nintendo EAD Tokyo
& 1-UP Studio

(29.11.2013)


Ein lebender Pilz, eine Frau, die sich offensichtlich für eine Prinzessin hält, und zwei Typen in roten und grünen Sweatshirts und blauen Latzhosen gehen während eines Feuerwerks spazieren, als sie eine transparente Röhre finden. Aus der Röhre erscheint plötzlich eine panische Fee, die den vier Kostümierten versucht zu erzählen, dass andere Feen entführt wurden. Dann erscheint eine Schildkröte auf Steroiden, nimmt die Fee in einer Flasche gefangen und verschwindet durch die Röhre. Die anderen springen sofort hinterher.

Als Vater kommt mir dabei sofort ein Gedanke: Hoffentlich findet mein Sohn nie einen offenen Gully, in den irgendetwas verschwindet...

Dann blas mir doch einen!

Das eben war übrigens bereits die vollständige Handlung des Spiels. Für Nintendo- bzw. Mariokenner mag das, was da passiert ist, aufgrund ihres Hintergrundwissens ja wenigstens einen Sinn ergeben, alle anderen fragen sich eher, warum liegt hier überhaupt Stroh rum. "Ey, ist doch Mario", würden jetzt die Eingeweihten sagen, "bei Mario und Pornos gibt es nie eine Handlung, die den Namen Handlung verdient", aber das stimmt so nicht.

Die direkten 3D Gameplay Vorgänger auf der Wii, "Super Mario Galaxy" (2007) und "Super Mario Galaxy 2" (2010), waren voll von Handlung und Zwischensequenzen. "Super Mario 3D World" hat mal gar keine Zwischensequenzen und wirkt dadurch noch ein Bisschen mehr wie eine Schnellschuss Wiederholung des 3DS Titels "Super Mario 3D Land" (2011), als es ohnehin durch die seltene und dann auch noch schlechte Nutzung des Touchscreens des Controllers schon rüberkommt. Und im Mehrspielermodus macht die Sache mit dem Touchscreen mal gar keinen Sinn, denn die Spieler ohne gucken in manchen Leveln dann im wahrsten Sinne zu.

3D Klotz

Super Mario hat eine der längsten Traditionen im Videospielbereich - das erste "Super Mario Bros." stammt aus dem Jahr 1985 - und ich verstehe, dass sowohl Nintendo als auch die Hardcorefans möchten, dass ein Mario Spiel immer auch sofort als Mario Spiel zu erkennen ist. Nur nach knapp 30 Jahren bedeutet dies leider, dass die Grafik so witzig animiert, niedlich und stellenweise besonders in der zweiten Spielhälfte atmosphärisch sie auch ist, weit hinter den technischen Möglichkeiten selbst einer Wii U zurückbleibt.

"Pikmin 3" (2013) oder auch das ursprünglich ebenfalls einmal als Wii U exklusives Spiel geplante "Rayman Legends" (2013) wischen nicht nur technisch sondern auch von einem künstlerischen Aspekt betrachtet mit "Super Mario 3D World" den Boden auf. "Super Mario 3D World" kann nämlich nur ganz selten ein organisches Leveldesign aufweisen, sondern wirkt leider, als wären die einzelnen Level bereits vor zehn Jahren in einem Leveleditor erstellt worden, wobei viele der immer wieder thematisch gleichen Welten noch einige Jahre mehr auf dem Buckel haben.

Hurra, die Steuerung funktioniert!

Damit sind dann aber auch alle wesentlichen negativen Aspekte erschlagen. Insbesondere kann ich Entwarnung bezüglich meiner größten Befürchtung geben: Die Kontrolle der Spielfigur gelingt auch einem Doppellinkshänder und Grobmotoriker wie mir trotz 3D so gut, dass ich nicht andauernd in irgendwelche Abgründe oder Lavaseen stürze und mein virtuelles Leben aushauche. Ich hatte angenommen, dass mein Sohn für die Umstellung lange brauchen würde, aber nach etwa zwei, drei Spielstunden war auch er in 3D so fit wie zuvor bereits in 2D.

Einen gewissen Anteil hat daran sicherlich auch, dass der Schwierigkeitsgrad von "Super Mario 3D World" in den allermeisten Abschnitten weit hinter dem von etwa "New Super Mario Bros. U" (2012) zurückbleibt und leider etwas inkonsistent ist. Insbesondere durch das Superblatt bzw. dem Tanuki-Anzug (oder wie immer der Fummel korrekt heißt) verkommen einige Level zum Sonntagsspaziergang, denn der Anzug macht unverwundbar und lässt Standardgegner bei Berührung platzen, so dass der Tod lediglich noch durch Fehlsprünge eintreten kann.

Isolierte Betrachtung

Wenn man einmal davon absieht, dass "Super Mario 3D World" der Marke "Super Mario" verdammt wenig Neues hinzufügt, muss ich dem Spiel bescheinigen, dass es seine Zutaten super mixt. Die Level unterscheiden sich erheblich (manche sind eher flach, manche sehr vertikal ausgerichtet) und die Perspektive wechselt geschickt zwischen echtem und pseudo 3D Spielfeld. Mal ist bedachtes Vorgehen gefragt, mal wird man extrem unter Zeitdruck gesetzt und durch den Kniff, dass es gilt auch noch möglichst viele grüne Sterne aufzusammeln, um am Ende in Bowsers (die Muskelschildkröte) Schloss und Turm eindringen zu können, bewegt man sich mit hoher Aufmerksamkeit.

Selbst der kooperative Multiplayermodus funktioniert - abgesehen von den wenigen Touchscreenleveln - fantastisch, wenn die Mitspieler etwas aufeinander acht geben - also mit Nichtwissen, aber er funktioniert schon gut, wenn einer von zweien auf den anderen aufpasst, von daher gehe ich mal davon aus, dass es noch viel besser funktioniert, wenn alle mitdenken. Wer mit Kindern spielt, wird erleben, dass die KI manchmal den falschen Spieler in eine Blase packt und zum anderen herübersegeln lässt, wenn der Abstand zwischen den Spielfiguren zu groß wird, aber das erzeugt nicht viel Frust. Okay, okay, wenn es unter Zeitdruck mehrmals hintereinander passiert, dann schon...

"Was ist das denn für eine Type?" (Quasar)

Während mich das sehr stumme Charakterdesign doch eher kalt lässt, feiert mein Sohn jeden Gegner (und sich selbst) ab. Bossgegner sind alles Typen. Das Spiel spricht auf einer nonverbalen Ebene zu ihm, für die ich keine Antennen mehr habe. So weiß er zum Beispiel ganz genau, dass der Boo weint, weil er keine Mama hat, was bei einem Gespenst wie dem Boo zugegebenermaßen weniger abwegig ist als bei jedem anderen Gegner.

Die Musik könnte manchmal eine etwas längere Schleife vertragen, geht aber ansonsten auch dann nicht auf den Zeiger, wenn man selbst gerade gar nicht spielt, sondern sich lediglich in Hörweite aufhält. Die Bandbreite ist mehr als ordentlich, wobei mir allerdings die atmosphärischen Stücke dann doch noch eine ganze Ecke besser gefallen als das Gedüdel, was aber auch daran liegen kann, dass auch die Grafik der Level mit dieser Musik regelmäßig das bessere Ende für sich haben.

Fazit:

Die 3D Jump & Runs, die mir in den letzten 30 Jahren positiv im Gedächtnis hängen geblieben sind, kann ich sprichwörtlich an meinen Engelsflügeln abzählen (ich empfehle weiterhin das acht Jahre alte "Lego Star Wars II - The Original Trilogy"). Von daher ist es keine Selbstverständlichkeit, dass das Fazit letztlich zu Nintendos Gunsten ausfällt.

Die ursprüngliche Kaufentscheidung für "Super Mario 3D World" wurde mir leicht gemacht, denn in den letzten Monaten glänzten andere vielversprechende Exklusivtitel für die Wii U weiterhin so verstärkt mit Abwesenheit, dass bald kein anderer Titel als Neukauf mehr in Frage kam. - Es braucht nicht extra erwähnt werden, dass dieses Vorgehen die Anzahl der im letzten halben Jahr verkauften Wii U Konsolen nicht gerade beflügelt hat, da das Weihnachtsgeschäft ohnehin im Zeichen der Markteinführung der PS4 und Xbox One stand.

Wenn man "Super Mario 3D World" recht stringent angeht, knackt man selbst als Anfänger nach knapp 20 Stunden Spielzeit das letzte reguläre Level, denn das Spiel ist zwar überraschend umfangreich, die Bosskämpfe sind für einen Erwachsenen jedoch fast alle zu leicht. Als weiterhin nicht gerade glühender Jump & Run Fan habe ich nach 20 Stunden aber auch erstmal genug, obwohl ich wirklich meinen Spaß hatte. Sohnemann hingegen hat anscheinend keinerlei Probleme damit, sich auch alle Bonuslevel zu erkämpfen und seine Lieblingslevel zum 20. Mal zu entern.


  POSITIV:
  - gut gemachte Steuerung
  - viel Abwechslung
  - 4er Koopmodus
  - massig lustige Gegner
  - gute Musik


  NEGATIV:
  - kaum Hintergrundgeschichte
  - Touchscreen reingekrampft
  - zu viel Baukastenlook
  - teils zu leicht