DARKSIDERS II

Vigil Games

(21.08.2012)

auch veröffentlicht auf
PS3, Wii U und für Windows PCs


So im Nachhinein betrachtet wäre es vermutlich irre schlau gewesen, wenn ich mir den ersten Teil von "Darksiders" rund um den apokalyptischen Reiter Krieg aus dem Jahr 2010 vorher reingepfiffen hätte, besonders weil ich dann sicherlich annähernd verstanden hätte, warum "Darksiders II" so schrecklich abrupt anfängt und worum es dem anderen apokalyptischen Reiter, Kriegs Bruder Tod, überhaupt geht.

Aber selbst wenn man nicht so irre schlau wie eben meiner einer ist, schnallt man natürlich, dass Tod glaubt, dass Krieg unschuldig ist, was auch immer ihm genau zur Last gelegt wird, und Tod auszieht, um Beweise für Kriegs Unschuld zu finden. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nicht besonders bibelfest bin und die Offenbarung des Johannes nie gelesen habe, aber auch im weiteren Spielverlauf erschloss sich mir bei weitem nicht alles...

Springen, rätseln, stechen!

"Darksiders II" wurde entwickelt, während der Traditionspublisher THQ dank solcher Oberarschbomben wie das 2011er "Homefront" in den letzten Zuckungen lag, und sollte mit einigen anderen Großprojekten zusammen die Pleite noch magisch abwenden, verkaufte sich jedoch so schleppend, dass in ganz Europa auch die limitierte Edition, für die bei Veröffentlichung kein Aufschlag zu zahlen war, noch immer auf den ersten Käufer wartet.

Allein am Spiel selbst kann es aber eigentlich nicht gelegen haben, denn mit dem äußerst agilen Tod durch Burgruinen zu klettern, in eben diesen Ruinen durch Schalterrätsel u. ä. sich seinen Weg zu bahnen und in bester Buttonbashingmanier in spektakulär inszenierte, wenn auch oft noch etwas unübersichtlicheren Kämpfen als etwa in "Kingdoms of Amalur: Reckoning" (2012) mit zwei Sensen auf lebensmüde oder untote Feinde einzustechen, macht die ganz überwiegende Zeit richtig Laune.

Die Spielwelt ist besonders während der ersten 2/3 der Spielzeit sehr offen gestaltet und kann frei zu Fuß oder auf dem Pferd Despair erkundet werden. Innerhalb dieser Spielwelt sind dann die Dungeons verortet, in denen die Quests zu erledigen sind und ich die Krähe Dust schnell als zuverlässigen Wegweiser kennenlernte. Bereits besuchte Orte können in der Regel auch direkt aus dem Dungeon mit einem Schnellreisesystem aufgesucht werden, so dass niemals Leerlauf aufkommt und unnütze Ausrüstungsgegenstände schnell bei einem Händler zu Geld gemacht werden können.

Dem Tod stehen zwei Waffensets zur Verfügung, wobei das eine immer zwei Sensen sind und das andere entweder aus langsamen Waffen wie etwa einem riesigen Hammer bestehen kann oder aus schnellen Waffen wie etwa Klauen. Für Spezialattacken oder Beschwörung von hilfreichen Zombies muss die Resource Zorn aufgewandt werden, die sich pro Treffer auflädt, weshalb der Dauereinsatz etwa eines Hammers sich praktisch von selbst verbietet - oder man muss zum Ausgleich eine Menge Zorntränke schlucken.

Es musste halt fertig werden...

Genaugenommen sind es am Ende nur Details und einige Nicklichkeiten, die das mittelmäßige "Darksiders II" von einem guten Spiel unterscheiden. Als erstes fällt einem sicherlich auf, wie extrem träge das Menüsystem aufgerufen wird und wie langsam zwischen den einzelnen Reitern gewechselt werden kann. Dann ist man verwundert, dass das digitale Steuerkreuz innerhalb des Menüs meist keine Funktion hat. Und zuletzt beginnt man sich am Kopf zu kratzen, warum etwa der Ausrüstungsbildschirm mit dem linken Analogstick bedient wird, aber der Kartenbildschirm mit dem rechten...

Auch der Vergleich verschiedener Ausrüstungsgegenstände fällt nicht gerade leicht. Zwar werden die Werte des jeweiligen markierten Gegenstandes mit dem bereits ausgerüsteten verglichen, dieser Vergleich beschränkt sich jedoch darauf, ob der Gegenstand in einer bestimmten Kategorie besser oder schlechter ist (Wert wird rot oder grün eingefärbt), aber eben nicht genau wie viel besser oder schlechter. Meist reicht diese Information nicht aus, um eine Entscheidung zu treffen, so dass man doch händisch die beiden Gegenstände vergleichen muss.

Grafisch erinnert "Darksiders II" mit seinem sehr starken Pinselstrich, seiner wuchtigen Architektur und seinem ebenso wuchtigen Figurendesign an "World of Warcraft" - auf einem zehn Jahre alten PC. Die höchste Detailstufe für Schatten oder Gras ploppt auf allen Konsolen außerhalb der Dugeons gern einmal nur wenige Spielmeter vor der Spielfigur auf, Treppen flimmern einen wie Neonreklame an und an manchen Stellen kommt kein Wasser zum Einsatz, sondern eine Masse, die doch sehr stark an die Konsolengeneration davor erinnert.

Was ist ein Rollenspiel?

"Darksiders II" wird auf der englischen Wikipediaseite als "action role-playing hack and slash video game" (Bandwurm bitte entfernen lassen) bezeichnet und wer beim Wort "Rollenspiel" auch an "Diablo III" (2012) denkt, der kann das ruhig so stehen lassen. Ich für meinen Geschmack erwarte aber von einem guten Rollenspiel neben dem ganzen Zahlengedresche möglichst irgendeinen Einfluss auf die Handlung nehmen zu können, oder wenn das schon nicht möglich ist, dann doch wenigstens echte Tiefe im Spielsystem.

Im Kern bewegt sich der Tod wie auf Schienen durch die Handlung, die dazu auch noch wenig packend wäre, weil zwischen Spielmechanik und Handlung kaum ein Zusammenhang besteht, wenn Vigil Games nicht dieses unglaublich gute voice acting ausgepackt hätte (Du ahnst es, ich meine damit nur im englischen Original). Viele Figuren begleiten mich nur wenige Minuten, aber die meisten Sprecher bringen es dermaßen auf den Punkt, dass ich sofort glaube, dass etwa jemand seit Jahren leidet oder sich für das schämt, was in der Vergangenheit passiert ist.

Wenn viel nicht wirklich viel hilft

Während sich die Kämpfe - von einigen Bosskämpfen und einer Auflockerung nach zwei Dritteln Spielzeit abgesehen - nach einer Stunde nicht die Bohne von denen nach zehn Stunden unterscheiden, verschiebt sich der Fokus bei der Erkundung der Ruinen stark - und in meinen Augen völlig unnötig. Zu Beginn wahrt "Darksiders II" eine gute Balance zwischen Geschicklichkeits- und Rätseleinlagen, mit der Zeit wird jedoch der Geschicklichkeitsaspekt völlig in den Hintergrund gedrängt.

Das wäre nicht ganz so schlimm, wenn das Spiel nicht auch noch die letztlich immer ähnlichen Schalterrätsel in immer unständlichere Bedienung verpacken würde, weil der Tod andauernd zwischen verschiedenen Fähigkeiten hin- und herwechseln muss, und wenn sich die Rätsel wenigstens optisch besser erfassen ließen. In der Mitte des Spiels etwa wandern zwei Geister für mich durch ansonsten verschlossene Türen in Bereiche, die ich wenig bis gar nicht einsehen kann, was entsprechend dann auch wenig bis gar nicht unterhält.

So ein Bisschen ins Leere geschissen, ist auch die Nummer mit den ganzen Skills und hunderten von Waffen und Rüstungen. Insgesamt warten 33 Verbesserungen in je drei Stufen auf den Tod - also insgesamt 99 Skillpunkte auf ihre Vergabe. Nur sind die Kämpfe so simpel gestrickt, dass ich am Ende den Eindruck hatte, dass sowieso alles zum Ziel geführt hätte, und man rein gar nichts falsch machen kann, wenn man einfach den neuesten Drop mit lila Schrift ausrüstet.

Fazit:

Auch wenn "Darksiders II" mich gegen Ende zu sehr im Rätselbereich etwas genervt hat, bietet es allein im Rahmen der Hauptquest und einiger Nebenquests für locker 25 Stunden recht gute Unterhaltung und wer sich an den beschriebenen Nicklichkeiten nicht stört - womit ich ausdrücken möchte, dass ich mich für meinen Teil zu sehr gestört fühle - kann um die 15 weitere Stunden einplanen, wenn er absolut alle Nebenquests lösen will.

Trotz der kleinen Patzer schreibe ich mir also mal den ersten (fertig entwickelt veröffentlichten) Teil jetzt auf den Einkaufszettel, denn die österreichische Nordic Games GmbH hat sich zwar auf den letzten Drücker die Rechte für weitere "Darksiders"-Spiele aus der THQ Insolvenzmasse gesichert, aber bisher keine Ankündigungen gemacht, die darauf schließen lassen, dass man gleich innerhalb der nächsten Jahre bereits Geld für einen dritten Teil verbrennen möchte.



  POSITIV:
  - Tod ist eine coole Sau
  - satt auf alles einschlagen
  - unglaubliches Voice Acting


  NEGATIV:
  - Entwicklungszeit fehlte
  - nicht besonders tief
  - grafisch etwas mau
  - Rätsel nerven gegen Ende