HYRULE WARRIORS
Definitive Edition

Omega Force &
Team Ninja

(18.05.2018)


Bisher habe ich die Titel der "Dynasty Warriors" Serie von Omega Force eher gemieden wie der Teufel das Weihwasser und selbst "Fire Emblem Warriors" (2017) habe ich gepflegt ignoriert. Aber durch verschiedene Zufälle - wie ein Flohmarkt ohne ein einziges Schlümpfe oder Clever & Smart Comic - haben mein Sohn und ich mit dem Kauf der "Definite Edition" von "Hyrule Warriors" für die Nintendo Switch geliebäugelt, die alle Inhalte und DLCs der Wii U Version (2014) und Legends Version für den 3DS (2016) enthält. Den Ausschlag gab dann letztlich, dass praktisch das gesamte Spiel im Splitscreen-Zweispielermodus gezockt werden kann.

Wie schon der Name nahelegt, handelt es sich um ein Gemisch aus dem für die Warriors Serie typischem Hack and Slash Gameplay aus einer Perspektive ein paar Meter hinter der jeweils zu steuernden Figur mit Landschaften und Charakteren aus dem Zelda Franchise. Insgesamt stehen im Verlauf des Spiels nicht weniger als 29 spielbare Charaktere zur Auswahl, wobei jetzt allerdings niemand glauben sollte, dass jemand abgesehen von der Optik bei dieser Charakterflut größere Unterschiede im Stil eines "Diablo III" (2012) entwickeln kann.



Was geht ab?

Die Ausgangssituation ist der Kampagne eines klassischen Echtzeitstrategiespiels nicht ganz unähnlich. Nach einem Ladebildschirm, während dem der aktuelle Abschnitt der Geschichte verlesen wurde, findet man sich in einem relativ kleinem Areal von deutlich weniger als einem Quadratkilometer wieder, auf dem bereits ein bis zwei Parteien ihre Zelte aufgeschlagen haben. Und immer ist für mindestens eine davon "freundlich gesinnt" nicht so die richtige Umschreibung, was ja auch irgendwie klar ist, denn es ist halt Scheiß eng in dieser Version von Hyrule.

Also heißt es erst gar nicht lange den Anschein von Verhandlungsbereitschaft zu wahren, die bevorzugte Waffe des jeweiligen Charakters zu ziehen und mit so hochgeistigen Kombinationen wie , oder auch (wobei - Du ahnst es schon - im späteren Spielverlauf auch usw. freigeschaltet werden kann, aber auch Spezialschläge gefragt sind, die Ressourcen verbrauchen) alles zu töten, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist (hier ziemlich wörtlich zu verstehen und besser schon bei Eins anfangen zu klettern).



Horden von Gegnern!!!

Was jedem Neuling also sofort ins Auge springt, sind logischerweise die Horden von Gegnern, auf die ich wie bei jedem "Warriors" Spiel eindreschen darf. Könnte ich durch die Gegner nicht durchrennen, ich hätte oft keinen Schritt tun können. Wahrscheinlich kam den Designern die Grundidee zu dem Spiel in der U-Bahn während der Rushhour. Insgesamt gibt es grob sechs Gegnerkategorien:

  1. Das Kanonenfutter, von denen sich schon mal locker über 100 gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln können.
  2. Vereinzelte Gegner ohne Namen aber mit Lebensleiste, die mit dem Kanonenfutter umherziehen.
  3. Recht schwächliche Kommandanten, die einen Abschnitt bewachen und den Gegner mit neuen Truppen versorgen.
  4. Gegner mit Spezialfähigkeiten und relativ wenig Lebenspunkten, die man noch einfach so wegbashen kann.
  5. Gegner mit Spezialfähigkeiten und relativ vielen Lebenspunkten, bei denen smartes Kampfverhalten die bessere Wahl ist.
  6. Bossgegner, die zäh sein können und mit manchen Attacken auch so viel Schaden anrichten, dass ich mich heilen musste.


Das Spiel hinter dem Button Mashing

Der Witz an der Sache ist, dass das Geprügel auf Gegner und und in neun von zehn Fällen allein zu überhaupt nichts führt, denn das eigentliche Spiel findet auf der Minikarte statt bzw. wird dort veranschaulicht. Dort auf der Karte muss ich in aller Regel Vorposten und Festungen einnehmen (den Kommandanten entreißen), wenn ich nichts zwingenderes zu tun habe, um die Gegnerflut zumindest vorübergehend einzudämmen. Oder eben besondere Feinde möglichst schnell ausschalten, weil diese drohen mein Hauptquartier zu erobern. Oder ich beschütze bzw. eskortiere wichtige Verbündeten.

Dieses Konzept ist Fluch und Segen zugleich. Segen, weil im Vergleich zu vielen anderen Spielen, bei denen ich hauptsächlich zwei Buttons des Gamepads bearbeite, ich mir die Sache extrem vereinfachen kann und das Gefühl von Erfolg habe, wenn ich etwas strategisches Geschick beweise. Fluch, weil die quadratische Minikarte in Full HD mit ihrer Kantenlänge von maximal 345 Pixeln im allerbesten Fall knapp 6 % des Bildschirms einnimmt, aber gern mal mit Informationen überladen wird und zumindest vom Sofa aus in hektischen Situationen kaum noch zu entwirren ist.



Was macht der blöde NPC da?!?

Der größte Stolperstein sind jedoch sich im Verlauf einer Schlacht ändernde Bedingungen für eine Niederlage - und wie schnell ich diese erfasse. Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich sehr schnell alles stehen und liegenlassen muss, um einer neuen Bedrohung Herr zu werden. Dumm nur, wenn sich diese brenzlige Situation ganz ohne mein Zutun am anderen Ende des Schlachtfelds entwickelt hat, weil genau der NPC, der die Mission zwingend unbeschadet überstehen muss, überraschend meint, er müsste sich an vorderster Front mit den ganz dicken Gegnern messen.

Oft reicht es bei einer Niederlage in dieser Situation schon, vom letzten Checkpoint noch einmal anzufangen und sich geschwind wie der Wind sofort zum NPC zu begeben. Ärgerlicher ist da schon die Variante, wenn einem zu Beginn einer Mission das Hauptquartier so schwer demoliert wird, weil alle starken NPCs sich woanders vergnügen, dass es im späteren Spielverlauf jedes Mal eingerissen wird. Da hilft der letzte Checkpoint nämlich nichts mehr, da hilft nur noch der komplette Neustart. Da die Spielzeit einer Schlacht meist so im Rahmen von 15 bis 25 Minuten liegt, ist das aber auch nicht der Weltuntergang.



Ich bestell mir noch eine Portion Abwechslung

Im Prinzip unterscheidet sich die erste Schlacht nicht wesentlich von denen im weiteren Spielverlauf. Der grindige Ansatz ist das ureigenste Problem der "Warriors" Serie und wird im Zelda Ableger dadurch versucht zu lösen, dass ich - total egal wer ich gerade bin - immer wieder gegen die Riesenmonster König Dodongo, Gohma und Manhandla antreten darf. Natürlich kann ich zwischen den Schlachten noch ein Bisschen an meiner Ausrüstung basteln und das macht eigentlich auch echt Spaß, obwohl es nur um die Waffe und ein paar passive Boni geht.

Leider ist eine gezielte Entwicklung schwieriger als gedacht, denn sowohl die Waffe als auch die Ressourcen für die passiven Boni müssen mir während der Schlacht überwiegend zufällig in die Hände fallen. Während die Ressourcen vielleicht noch mit etwas mehr Fleiß allein zu sammeln sind (also durch die Wiederholung der richtigen Schlachten), haben manche Charaktere, wenn man den Abenteuer-Modus nicht beackert, auch nach zwei Dutzend Einsätzen den Grundschaden ihrer Waffe lediglich von 80 auf 104 erhöht, andere jedoch freuten sich über eine Steigerung auf satte 210.



Full HD ist nicht alles

Anders als die Wii U vor ein paar Jahren kann die Switch angedockt "Hyrule Warriors" in Full HD mit ausreichend hohen FPS darstellen. Auch im Splitscreen hält sich die Switch wacker, schade ist nur, dass gewisse Einblendungen im Zweispielermodus nicht dort plaziert sind, wo ich sie erwartet hätte - mittig statt weiterhin oben oder unten und was sollen bitte die zwei identischen Minimaps? Die reine Technik geht also von ein paar zu spärlichen Animationen abgesehen total okay. Das Problemkind sind die langweilig anzuschauenden Standardgegner, die nicht immer schönen Umgebungen, der oft sinnbefreite Aufbau der selben und vor allen Dingen die größtenteils lieblosen Innenräume.

Natürlich sind diese Designentscheidungen wie die vielen streng quadratischen Räume auch der Übersichtlichkeit des Spielgeschehens geschuldet, aber ungefähr das Niveau des deutlich älteren "StarCraft II" (2010) hätte doch eigentlich drin sein müssen. Es muss nun wirklich nicht sein, dass ich innerhalb einer Burganlage nicht die geringste Orientierung entwickeln kann, weil ich immer wieder auf nahezu identische Ecken stoße. Und Gegner die mal harmlos und mal gefährlich sind, können ruhig ein paar mehr unterschiedliche Merkmale haben als den Namen über ihren Köpfen.



Etwas halbherzig

Auch sonst gibt es einige Elemente, die bei denen "Hyrule Warriors" nicht ganz die Nintendo üblichen Standards erreicht. So ist die Standardmusik sehr Galoppel Galoppel lastig und damit für alle, die nicht so auf gut schlechten Heavy Metal stehen wie ich, dann schon fast unerträglich. Und selbst die nicht gerade hohe Latte für die Handlung wird in den drögen Textboxen und dem vorgelesenen Bilderbuch (Ton ausschließlich auf Englisch) noch gerissen. Über so Andeutungen in Richtung unerfüllter Sehnsüchte der auffallend dickbusigen Zauberin und ihrer guten Hälfte geht es nicht hinaus. Für "Gehet dahin und haut Euch gegenseitig kräftig auf die Schnauze" gilt halt: Je weniger Substanz desto besser.

Auch nicht wirklich dramatisch aber eben auffällig ist die teils ungeschickte Menüführung. Den Zweispielermodus und den zweiten Controller muss ich vor jeder Schlacht erneut initialisieren oder wenn ich mich bereits für eine Schlacht entschieden habe, kann ich nicht mehr im Basar einkaufen bzw. an meiner Ausrüstung basteln, ohne die Schlacht dann erneut auswählen zu müssen. Und obwohl "Hyrule Warriors" über eine wirklich ausufernde integrierte Anleitung mit nicht weniger als 80 Unterpunkten verfügt, ist mir immer noch nicht klar, warum im Hauptmenü bei mir weiterhin die "Feen-Gefährten" ausgegraut sind, obwohl ich im Abenteuermodus schon mehrere Feen gefunden habe, und wie ich das irgendwie ändern könnte.



Fazit:
"Hyrule Warriors" entzieht sich deutlich mehr als andere Spiele meinem Wertungsschema. Obwohl es auf der einen Seite ein paar Ecken und Kanten hat und das Kampfsystem nicht wirklich über großartige Tiefe verfügt, gibt auf der anderen Seite nicht viele Spiele, die etwas ähnlich Befriedigenderes bieten, wie auf die Unmengen von Gegnern einzuschlagen und diese umherfliegen zu sehen, wenn es mir gelingt, mit einen Spezialschlag 50 oder mehr von ihnen zu treffen. Zwar hatte ich manchmal schon nach einer Stunde genug davon, andere Male habe ich aber auch gern drei Stunden am Stück gespielt.

Von den Bossgegnern - insbesondere den riesengroßen - hatte ich mir etwas mehr versprochen, aber es wäre wohl letztlich ein Stilbruch gewesen, wenn ich 500 Typen in zwei Minuten zur Strecke bringe und dann anschließend 15 Minuten auf einen Boss einschlage. Und ein Bisschen schade ist auch, dass es selbst in der aufgebohrten "Definite Edition" keine 20 verschiedenen Schlachtfeldern gibt. Wie dem auch sei: Wer will kann jedenfalls reichlich Stunden - und das sogar zu zweit - in "Hyrule Warriors" versenken, denn der Legenden-Modus (Story) ist mehr so das Tutorial, im Abenteuer-Modus gibt es dann die Möglichkeit sich locker fünfmal länger auszutoben.


Steuerung (15%):
Grafik (15%):
Balance (15%):
Handlung (15%):
Sound (10%):
Zugänglichkeit (10%):
Komplexität (10%):
Spieldauer (10%):