BATMAN
The Telltale Series

Telltale Games

(02.08.2016)

auch veröffentlicht auf Android, iOS,
PS3, PS4, Switch, Windows u. Xbox 360


Videospiele rund um Batman gehören zu den größeren weißen Flecken auf meiner Landkarte. Ich hatte z. B. alle drei "Batman: Arkham"-Spiele der Rocksteady Studios schon installiert, die ersten zwei habe ich sogar gestartet, aber keines anschließend so richtig gespielt. Also habe ich es jetzt einfach mal einen anderen Zugang probiert, weil das Point & Click artige "Mindcraft: Story Mode" von Telltale auf mich viel besser wirkte als das Hauptspiel, und mir "Batman: The Telltale Series" (insgesamt fünf Episoden) reingezogen, das auf praktisch jedem Endgerät außer Nintendos 3DS erschienen ist.

Oha, oha...

Noch bevor der Controller so richtig Handwärme erreicht hat, werde ich als Batman im Rahmen von Kämpfen in zahlreiche Quick-Time-Events verwickelt. Natürlich ist mir klar, wann immer diese Kämpfe tödlich für mich enden, dass ich etwas besonders schlecht gemacht habe, aber selbst bei Spielende kann ich nicht einschätzen, ob ich jetzt zur Abwechslung auch mal etwas besonders gut gemacht habe. Das Feedback auf dem Bildschirm ist ziemlich wirr, weil manchmal, obwohl ich mir ganz sicher bin, rechtzeitig gedrückt zu haben, nichts aufleuchtet und manchmal ich anscheinend sowieso fett in die Schnauze bekommen soll, auch wenn ich alles richtig mache.

Im Verlauf des Spiels entwickelt man jedoch schnell ein gutes Gefühl dafür, wann mit dem weiteren Einsatz von Quick-Time zu rechnen ist und wann nicht, so dass man nicht durchgehend angespannt vor dem Bildschirm sitzt. Witzigerweise muss ich im Nachhinein sagen, dass die Quick-Time-Events eines der wenigen Elemente von "Batman: The Telltale Series" ist, das an ein klassisches Computerspiel erinnert, weil es wenigstens einen Ansatz von Hand-Auge-Koordination erfordert und mir das Gefühl gibt, Batman oder auch Bruce Wayne zu sein. Ansonsten überwiegt für mich nämlich das Gefühl zwar Teil einer - zumindest ganz überwiegend - interessanten Geschichte zu sein (dazu gleich mehr), aber eben als Passagier.

Blablabla?

Die meiste Zeit über verfolge ich Batman oder Bruce, als wenn ich einen schlecht animierten Zeichentrick mit ein paar zu vielen Dialogen und Selbstgesprächen gucken würde. Meine Spielfigur bewege ich selbst nur über sehr kurze Distanzen oder in einem einzelnen Raum während einer Spurensuche. Dies sind dann die Momente, die optisch besonders hölzern wirken und sich auch nicht zeitgemäß steuern, was vermutlich daran liegt, dass das Spiel ja ebenfalls mit Maus oder Touchscreen funktionieren soll. Unterbrochen wird dies - wenn eben nicht von Quick-Time - lediglich durch von mir unter Zeitdruck (so schnell musst Du erst mal lesen) gewählte Antworten.

Eine Option ist dabei immer zu schweigen, eine sich eher neutral zu verhalten und ansonsten stehen sich Antworten gegenüber, die eher listig oder ehrlich, eigenständig oder teamorientiert und pragmatisch oder mitfühlend sind. Außerdem protokolliert das Spiel im Hintergrund mit, ob ich erbarmungslos jeden noch so kleinen Fehltritt bestrafe oder sogar die ganz großen Fische am Leben lasse. Während es Telltale auf globaler Ebene fast durchweg gelingt, eine zwar etwas breitgetretene aber interessante Geschichte mit einigen Überraschungen zu erzählen, in der Bruce sich fragen lassen muss, ob seine Eltern tatsächlich mit völlig legalen Dingen ein derartiges Vermögen und Wirtschaftsimperium aufbauen konnten, fällt ihnen auf persönlicher Ebene eigentlich nur die Verbundenheit, ja schon fast Abhängigkeit, bzw. Angst um seinem Butler Alfred ein.

Natürlich gibt es da vor allem noch Harvey Dent, Catwoman oder auch Gordon, aber ein Gefühl von echter Verbundenheit mit diesen Charakteren will bei mir persönlich nicht aufkommen. So sehr bin ich nicht im Batman-Universum drin, dass ich mir alles zusammenreimen kann, und in den paar Minuten, die ich letztlich mit den einzelnen Figuren gemeinsam auf dem Bildschirm verbringe, gelingt zwar eine gute Charakterisierung, aber besonders emotional finde ich meinen Versuch Catwoman ins Bett zu bekommen jetzt eher nicht. Bei Dialogen mit anderen Charakteren als Alfred wähle ich meine Antworten daher oft nach dem vermeintlichem "Nutzen".

Soll das so unscharf sein...

Ein Bisschen gestaunt habe ich schon, dass anscheinend auch nach über drei Jahren noch reichlich Bugs im Spiel sind. Gerade in den späteren Episoden gibt es immer wieder Kameraeinstellungen, in denen irgendwie gar nichts so richtig scharf zu sein scheint. Als mir dies zum ersten Mal auffiel, hatte ich gerade eine Ladung Drogen eingefahren und war in Arkham Asylum wieder aufgewacht, so dass ich dies anfangs noch für ein Stilmittel hielt. Aber etwas später dann gibt es z. B. Einstellungen, auf denen wenig mehr als ein Fernseher zu sehen ist und auf dem Fernseher befindet sich hauptsächlich Matsche oder ich gucke einen Gang entlang und Vorder- und Hintergrund sollten genau umgekehrt scharf und verschwommen dargestellt werden.

Kein Bug aber ein richtig schlechter Witz sind die Detektivarbeiten im Spiel. Ich muss nicht einmal Batmans Werkzeuge aussuchen, das macht er ganz von selbst, sondern ich klicke auf alle bereits markierte Stellen innerhalb eines Raums. Dann höre ich mir an, was Batman dazu zu sagen hat (zuhören muss ich nicht wirklich) und verbinde in drei von vier Fällen die beiden Stellen, die am nächsten zusammenliegen oder sonst extrem offensichtlich zusammengehören. Dann labert Batman wieder was und ich habe irgendwas gelöst, ohne das ich auch nur überhaupt wissen muss, was ich lösen will, weil ich muss ja nur stumpf die Klickstrecke abarbeiten. Wirklich? Und größere Kämpfe bereite ich genauso vor. Nimm Kopf, hau gegen Statue! Wirklich, wirklich?

Fazit:

"Batman: The Telltale Series" besteht aus exakt vier Elementen:

  • Zeichentrickfilm
  • Multiple-Choice-Dialogen
  • Quick-Time-Events
  • Detektivarbeiten

In exakt dieser Häufigkeit und dieser Qualität. Der recht gute Zeichentrick - mit über fünf Stunden vielleicht etwas überlang und wo bitte kommen die Grafiker her, die 2016 nicht einmal eine Menschenmenge hinbekommen - wäre allein also sicherlich das beste Produkt gewesen, auch wenn ich dann der Geschichte meinen eigenen Stempel nicht hätte aufdrücken können. So habe eine spannende Geschichte verpackt in einem recht dürftigem Spiel, das im wesentlichen davon lebt, dass es mit fünfmal 90 Minuten kurz genug ist, um einen nicht vollständig zu verärgern.

Neben der teilweise etwas aufgesetzt wirkenden Brutatlität des Spiels - in einigen Ländern deshalb erst ab 18 freigegeben - fiel mir ganz besonders auf, dass Telltales' Batman keine Skrupel hat, alles und jeden jederzeit zu überwachen. Ist ja sein Wayne-Tech (Geh weg, Du Hacker!), das ist sein Spielzeug, also seine Regeln - und kein Multiple-Choice-Dialog rüttelt im Geringsten daran etwas.

Der Film "The Dark Knight" (2008) befasste sich u. a. mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen einschließlich Massenüberwachung und anderen Datenschutzverletzungen, die ein tragisches Kennzeichen des digitalen Zeitalters sind. Diesen Umbruch könnte man als persönliche Unachtsamkeit der Entwickler abtun, vermutlich haben wir uns aber als Kollektiv acht Jahre später bereits mit diesen Schweinereien unter dem Deckmantel der Verbrechensbekämpfung und Prävention viel zu sehr abgefunden.



  POSITIV:
  - gute Geschichte
  - einige Überraschungen


  NEGATIV:
  - platte Detektivarbeit
  - zu viel Quick-Time
  - noch immer Bugs